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Plötzlich etwas zu verlieren - Herr Bert - 05-26-2024

Fortuna Düsseldorf steht vor dem Aufstieg in die Bundesliga. Beim VfL Bochum scheint wenig Hoffnung auf die Wende vorhanden zu sein. 

Daniel Thioune sprach eine Warnung aus. Fortuna Düsseldorf müsse den VfL Bochum ernst nehmen, sagte der Trainer am Sonntagmittag. Der Gegner werde brennen, alles investieren. Seine Spieler müssten vorbereitet sein auf das, was da auf sie zukommen könnte. Das mutete schon etwas wunderlich an, hatte seine Fortuna doch im Hinspiel der Relegation im Ruhrstadion groß aufgetrumpft. Sie geht mit einem 3:0-Vorsprung in das Rückspiel am Montagabend (20.30 Uhr, Sat1 und Sky). Der Bundesliga-Aufstieg ist zum Greifen nah. So ähnlich hatte Thioune schon am späten Donnerstagabend geklungen, gleich nach dem Hinspiel: Es sei erst Halbzeit, es sei nichts gewonnen. 

Gut 50 Kilometer weiter östlich im Bochumer Ruhrstadion saß, ebenfalls am Sonntagmittag, VfL-Trainer Heiko Butscher und musste erklären, wie er seine Spieler denn dazu bekommen wolle, genau das umzusetzen, was sein Gegenüber von ihm erwartet. „Wir gehen mit dem Glauben ins Spiel, noch etwas drehen zu können. Ansonsten müssen wir nicht antreten. Wir sind Sportler, Wettkämpfer, geben erst auf, wenn der Schlusspfiff ertönt ist“, sagte er. Dabei wirkte er allerdings nicht so, als würde er wirklich selbst diese Worte glauben. Stattdessen stellte er seiner Mannschaft die Charakterfrage: „Es hat den Anschein, dass alle dran glauben. Heute im Training war jeder da. Es ist ein großer Unterschied, ob man trainiert oder spielt. Man muss im Spiel liefern.“ 

Butscher fordert besseres Verteidigen
Genau das taten seine Spieler zuletzt allerdings nicht. Weder am 34. Spieltag bei Werder Bremen, noch im Relegationshinspiel schienen die Spieler vollumfänglich mit dem Kopf auf dem Feld zu sein. Mannschaftliche Geschlossenheit? Fehlanzeige. Kollektives Verteidigen? Fehlanzeige. Eine echte Spielidee? Fehlanzeige. Stattdessen wirkten sonst sichere Akteure wie Bernardo oder Keven Schlotterbeck verunsichert. Davon, dass man ekelig sein wolle, war nichts zu sehen. Als Kevin Stöger am Donnerstag von Marcel Sobottka und Yannik Engelhardt weitgehend aus dem Spiel genommen wurde, hieß das einzige Mittel: lange Bälle aus dem Halbfeld. Viel zu einfallslos gegen starke Düsseldorfer.

Hinzu kommt eine katastrophale Defensivschwäche – vor allem bei gegnerischen Standards. 1:12 Tore lautet die Bilanz aus den vergangenen drei Spielen des VfL Bochum. Zwei Gegentreffer am vergangenen Donnerstag fielen nach Standards. „Es wäre auch mal nicht schlecht, wenn wir die Standards verteidigen würden“, sagte Butscher entsprechend genervt am Sonntag auf der Pressekonferenz vor dem Rückspiel am Montag. 

Ganz anders trat Fortuna Düsseldorf auf. Acht Spiele in Serie ungeschlagen und nimmt man die Halbfinal-Niederlage im DFB-Pokal gegen Bayer Leverkusen raus, sind es inzwischen sogar 15 Spiele ohne Pleite. Die Mannschaft von Thioune ist eine der stabilsten der Profi-Ligen der vergangenen Wochen. Selbst die mentale Herausforderung des Relegationshinspiels steckte sein Team weg. „Ich war sehr beeindruckt, dass die Mannschaft weiter fokussiert war nach dem Spiel“, so Thioune. „Euphorie ist deplatziert und gar kein Begleiter von uns.“

Fortuna Düsseldorf kann etwas Historisches schaffen
Dabei sind die Chancen statistisch gesehen groß, dass Düsseldorf am Montagabend im eigenen Stadion den Aufstieg feiern wird. Noch nie in der Geschichte der Relegation hatte eine Mannschaft einen 3:0-Vorsprung noch hergegeben. Schon 2012 gelang es dem damaligen Zweitligisten, sich gegen Hertha BSC durchzusetzen. Fortuna ist nur eins von derzeit drei Teams, die das geschafft haben. Es ein zweites Mal zu schaffen, wäre historisch. Doch: Erstmals seit Wochen haben die Düsseldorfer richtig etwas zu verlieren. Nun wird sich zeigen, wie gut die Mannschaft mental wirklich beisammen ist. Und ist sie fit? „Der Akku der Mannschaft war aufgebraucht, aber nicht komplett leer“, sagte Thioune am Sonntag über seine Spieler.

Bochums größte Hoffnung liegt daher auf einem frühen eigenen Treffer. „Wir sehen die Chance, dass wir mit einem Treffer in der ersten Halbzeit Möglichkeiten haben“, sagte Butscher. „Es ist immer alles möglich im Fußball.“ Ob er aber wirklich daran glaubt? Offen. Er vermittelte am Sonntag nicht den Eindruck, als würde er voll hinter seinen Aussagen stehen. Aufbruchstimmung? Trotzreaktion? Nichts zu sehen. Mitreißend war weder das, was er, noch VfL-Sportvorstand Patrick Fabian am Sonntag sagten. 

Es ist daher alles angerichtet für die große Fortuna-Aufstiegsparty am Montagabend. 

Quelle: WAZ.de