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"Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - Druckversion

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"Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - Herr Bert - 07-09-2025

Hermann Gerland hat auf eigenen Wunsch seine Tätigkeit als Co-Trainer bei der U-21-Nationalmannschaft nach vier Jahren beendet. Der 71-Jährige geht nach einer legendären Trainerkarriere in den Ruhestand. 

Im September 2021 übernahm Gerland bei der U 21 den Posten des Co-Trainers an der Seite von Antonio Di Salvo und krönte seine lange, erfolgreiche Laufbahn als Fußball-Lehrer mit der Vize-Europameisterschaft nach zuvor 20 ungeschlagenen Partien. "Ich habe früher als Spieler alles gegeben, aber ich war zu schlecht, um für Deutschland zu spielen", wird Gerland vom DFB zitiert. "Und jetzt dazustehen und die Nationalhymne zu singen, das war für mich ein Traum. Es hat mir großen Spaß gemacht, und die Jungs waren super." Passend zu seinem Karriereende wurde Gerland am Mittwoch mit dem bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 

"Hermann Gerland ist eine Legende im deutschen Fußball, und wir sind sehr stolz, dass wir in den vergangenen vier Jahren auf seine Fachkenntnis und Persönlichkeit beim DFB zurückgreifen konnten", bedankte sich DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig beim gebürtigen Bochumer und attestierte ihm "Geradlinigkeit und Ehrlichkeit" auf und neben dem Platz. Mit seiner Erfahrung und seinen Einschätzungen sei er ein "wichtiger Bestandteil" des Trainerteams gewesen. 

Di Salvo: "Viel mehr als der harte Tiger"
Auch Di Salvo äußerte sich dankbar zur Zusammenarbeit mit Gerland: "Zum Beginn meiner Cheftrainer-Tätigkeit Hermann an meiner Seite zu haben, war ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Seine Art, die aus viel mehr als dem harten Tiger besteht, kennenzulernen und davon profitieren zu dürfen, war für mich sehr wichtig." 

Nach mehr als 50 Jahren im Profifußball ist nun Schluss. Gerland prägte den deutschen Fußball wie kaum ein anderer. Nach über 200 bestrittenen Partien für den VfL Bochum begann er seine Trainerkarriere 1985 in seiner Heimat, ehe er bei den Amateuren des FC Bayern ab 2001 zahlreiche spätere Nationalspieler betreute. 

Er förderte unter anderem die damaligen Talente Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels. Zeugnis für seine Fähigkeiten ist unter anderem der Gewinn des deutschen Trainerpreises 2011. 

Erfolgreiche Zeit bei Bayern
An der Säbener Straße war Gerland auch als Co-Trainer tätig an der Seite großer Trainer wie Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, Jupp Heynckes oder Hansi Flick und feierte zahlreiche Titel: Unter anderem gewann er je zweimal die Champions League, wurde neunmal Deutscher Meister und fünfmal DFB-Pokalsieger. Das Aus beim FC Bayern war allerdings nicht wie gewünscht. Ein Jahr vor Vertragsende verließ er den Klub. Später verriet er, dass auch atmosphärische Störungen mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic ein Grund für seinen vorzeitigen Abgang aus München waren. 

Gerland selbst freut sich jetzt auf seinen Ruhestand: "Ich freue mich, jetzt mehr Zeit für meine Frau und meine Enkelkinder zu haben, die sollen von ihrem Opa noch was haben. Und ganz sicher werde ich dem Fußball verbunden bleiben. In diesem Sinne: Glück auf!" 

Quelle: Kicker.de


RE: "Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - OKM - 07-10-2025

Der VfL sollte ihn auch besonders ehren zum Eintritt in den Ruhestand


RE: "Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - panther - 07-10-2025

absolut !!!
oder ihn beim Toto-Abstiegsspiel als Trainer auflaufen lassen und gezielt verabschieden !!!


RE: "Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - Herr Bert - 07-10-2025

(Vor 4 Stunden)OKM schrieb: Der VfL sollte ihn auch besonders ehren zum Eintritt in den Ruhestand

Ich bin da zwiespältig. Hermann ist VfLer im Herzen und dem VfL stark verbunden, allerdings war er länger bei anderen Vereinen als beim VfL u.A. fast 20 Jahre bei Bayern München. Rund 200 Spiele sind jetzt auch nicht überragend, es ist für mich eine Frager der Art  der Ehrung.


RE: "Legende" Hermann Gerland beendet seine Trainerkarriere - Herr Bert - 07-10-2025

Titel-Träumereien dank Louis van Gaal, die größten Entdeckungen im Talenteschuppen, eine Empfehlung für Schnäppchen Haaland, der schlimmste Tiefpunkt, 150 Niederlagen mit Bochum gegen Bayern - und was jetzt auf ihn wartet. Über all das spricht Hermann Gerland in seinem ersten großen Interview nach seiner gestrigen Abschiedsankündigung und 50 Jahren in der Fußball-Branche. 

Am Mittwochabend weilte Hermann Gerland (71) bei der Spielvereinigung Unterhaching und begleitete dort das Training der 13-jährigen Jungs. Als "Wahnsinn" bezeichnet SpVgg-Präsident Manfred Schwabl (59) Gerlands Fußball-Wissen, "das er hoffentlich auch in Zukunft bei uns weitergibt". 

So tat es Fachmann Gerland in den vergangenen Jahren immer. Gleich am ersten Tag nach der Rückkehr von der Weltmeisterschaft in Katar, Anfang Dezember 2022, stand er auf dem Platz in der Münchner Vorstadt, mit dem DFB-Käppi auf dem Kopf und in DFB-Jacke. "Das", sagt Schwabl, "ist eben wahre und echte Liebe zum Fußball." Der Vereinsboss hofft, dass Gerland weiterhin seine praxisbezogenen Übungen, Anregungen und Korrekturen beim SpVgg-Nachwuchs einbringt und meint: "Jetzt hat Hermann doch mehr Zeit" - nachdem Gerland seinen Abschied vom Fußball bekanntgab. Seine letzte Dienstreise hatte ihn als Co-Trainer mit der U 21 in die Slowakei und dort auf Rang 2 geführt. 

Herr Gerland, wie haben Sie Ihre ersten Tage im Ruhestand verbracht?
Es ist alles wunderbar. Aber abends war ich beim Jugendtraining in Unterhaching. Das Gute jedoch ist, dass ich keinen Zwang mehr habe, kein Muss. 

Warum haben Sie sich gerade jetzt, mit 71 Jahren, entschlossen aufzuhören?
Irgendwann musste es sein. Meine Frau will "Rhein in Flammen" in Andernach ansehen, jetzt kann ich das tun, ohne dass ich auf irgendeine andere Verpflichtung achten muss. Oder wir fahren drei Tage nach Südtirol, ohne dass ich auf irgendwen oder irgendwas Rücksicht nehmen muss. Wünsche meiner Frau werden ab sofort vorrangig behandelt. Und die Enkelkinder freuen sich genauso, wenn der Opa nun mehr Zeit hat und mit ihnen etwas unternehmen kann. 

Und was macht der Opa mit den Enkelinnen?
Lili ist elf Jahre alt, Käthe acht. Beide sind sportlich sehr begabt und sehr schnell. Es ist etwa fünf Jahre her, da fragte mich Lili: Opa, kannst du auch auf den Baum klettern? Ich sprang hoch, da war sie erstaunt, so schnell könne sie das nicht. Ich mache mit ihnen alles, was sie machen wollen. Ich gehe mit ihnen spazieren oder fahre mit ihnen mit dem Rad, wie mit meinen Kindern früher

In der offiziellen Abschiedserklärung sagen Sie: "Ich werde dem Fußball verbunden bleiben." Wie wird diese Verbundenheit aussehen?
Ich schaue mir weiter Nachwuchsmannschaften des FC Bayern am Campus an, oder gehe zu 1860 München oder eben nach Unterhaching. Es ist nicht so, dass ich ab sofort keinen Fußball mehr gucke. Im August zum Beispiel fahre ich nach Zwiesel, wo Klaus Fischer seine Fußballschule betreibt. Ich bringe mich da ein, mache aber alles für karitative Zwecke, ohne jeden wirtschaftlichen Profit. Und ich zeige abends den Kindern doch lieber, worauf sie im Fußball achten müssen, als dass ich zu Hause sitze. Aber es läuft alles freiwillig ab. Ich bin künftig nicht aus der Welt und nach wie vor Fußballer. 

Wie genau bringen Sie sich in Unterhaching ein?
Ich beobachte alles von außen von einer Bank aus und sage dann den Trainern und den Jungs zum Beispiel, dass die Pässe beidfüßig gespielt werden müssen oder dass die Flugbälle zu kurz geschlagen sind. 

Wo wird Ihr künftiger Lebensmittelpunkt sein? In München oder Bochum?
Meine Frau will nicht aus München weg. 

Sie haben in über 50 Jahren im Fußball alles erlebt. Was waren die absoluten Höhepunkte dieser langen Karriere?
Es waren so viele schöne Erlebnisse. Am schönsten war für mich die erste Deutsche Meisterschaft mit Louis van Gaal. Da bin ich wie aus einem Traum aufgewacht: Der kleine Junge aus Bochum, der früher kein Geld für ein Eis hatte, ist Deutscher Meister geworden - auch wenn mein Anteil sehr gering war. Ich stand auf dem Balkon, was mir gar nicht so wichtig war. Aber ich konnte sagen, dass ich einmal Deutscher Meister geworden bin. Die Zusammenarbeit mit den späteren Trainern … 

… Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und Hansi Flick …
… ja, diese Zusammenarbeit war wunderbar. Jeder Trainer war auf seine Art sehr erfolgreich. Ich habe verschiedene Charaktere kennengelernt, das war schon enorm schön für mich. Und ich habe beim besten Verein der Welt gearbeitet

Von welchen Ihrer ehemaligen Chefs haben Sie am meisten mitgenommen?
Das kann man nicht sagen. Jeder hatte unglaubliche Stärken und jeweils andere Spieler, so dass sie nicht miteinander zu vergleichen sind. Van Gaal zum Beispiel wurde entlassen, hat aber in München Großartiges geleistet. Das habe ich schon damals gesagt, war aber eher der Einzige, der sich so äußerte. 

Welchen Stellenwert nehmen das Triple 2013 sowie die sechs Titel mit Flick 2020 ein?
Das waren natürlich herausragende Momente und die Superserie mit Flick war sensationell und für mich der krönende Abschluss im Vereinsfußball. 

Gab es auch schlimmste Tiefpunkte und größte Enttäuschungen?
Ja, sicher. Wenn ich an das verlorene "Finale dahoam" 2012 denke. Ein solches Spiel verliert man bei 100 Malen ein einziges Mal. Das war sehr traurig. Vielleicht haben die Bayern-Spieler auch deshalb im Jahr danach drei Titel geholt und sind 2014 Weltmeister geworden. 

Welchem Ihrer Vereine, bei denen Sie angestellt waren - Bochum, Nürnberg, Bayern, Tennis-Borussia Berlin, Bielefeld oder Ulm -, drücken Sie noch heute die Daumen?
Eigentlich allen. Ich habe mit keinem einzigen meiner früheren Vereine ein Problem. Es blieb nichts Negatives oder gar Böses zurück, selbst wenn ich entlassen wurde. Bei Tennis-Borussia hatte ich meinen Vertrag nicht verlängert und musste gehen, anderswo war Erfolgslosigkeit der Grund. Ich hatte dafür immer Verständnis, so ist es nun einmal im Fußball. Heute werden Trainer viel schneller gefeuert als früher. Ich freue mich, wenn Bielefeld gewinnt, genauso ist es bei Tennis-Borussia. Am meisten ans Herz gewachsen sind mir natürlich der VfL Bochum und Bayern München, keine Frage

Sie waren Chef- und Co-Trainer. In welcher Rolle haben Sie sich wohler gefühlt?
Als Co-Trainer. Ich habe Vereine trainiert, die in der Regel immer gegen den Abstieg gespielt haben, ob in Bochum oder Nürnberg. Man verliert häufiger, als dass man gewinnt. Oft habe ich mich gefragt, ob ich etwas ganz Schlimmes verbrochen hatte, weil ich mich in den Pressekonferenzen ständig verteidigen musste. Darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr und wechselte von Nürnberg in den Nachwuchsbereich des FC Bayern. Ich hatte auch andere Angebote, wo ich mehr Geld hätte verdienen können, auch während meiner Tätigkeit beim FC Bayern II. Doch ich wollte meinen inneren Frieden. Ich wusste, dass ich ausbilden und eine Mannschaft motivieren kann. Doch die Öffentlichkeitsarbeit machte mir zu schaffen. Wenn ich mit Bochum gegen Bayern 1:2 verliere, werden komische Fragen gestellt - das brauchte ich nicht. Heute steigt der VfL Bochum ab, und die Fans feiern. Das ist unvorstellbar. Mein früherer Bochumer Mitspieler Walter Oswald sagte neulich zu mir, stell dir vor, wir hätten früher so gespielt wie Bochum gegen Hoffenheim 

… Bochum verlor Anfang März zu Hause mit 0:1 …
… was hätten die Zuschauer da mit uns gemacht? Meine früheren Sekretärinnen sagten, dass wir den Stadionverwalter hätten bitten müssen, dass er uns durch den Hinterausgang rauslässt, weil wir sonst gejagt worden wären. Das hat sich total geändert. 

Welcher der vielen jungen Spieler, die durch Ihre Hände gingen, war Ihr Musterschüler?
Den einen Musterschüler gab es nicht, alle waren klasse. Markus Babbel oder Didi Hamann werden gar nicht mehr erwähnt, ich hatte Christian Nerlinger und Sammy Kuffour oder Markus Münch, Max Eberl oder Uwe Gospodarek, Paolo Guerrero oder Zwetschge Misimovic, der ein unvorstellbar guter Spieler war. Thomas Müller und Toni Kroos wurden die erfolgreichsten, die ich begleiten durfte. 

Welcher Spieler hatte das größte Talent?
Oh! Sehr viel Talent hatte Didi Hamann, er hätte noch viel besser werden können. Babbel hatte Pech mit seiner schweren Krankheit. Philipp Lahm war unglaublich. Wenn ich nach Hause kam, schwärmte ich meiner Frau jeden Tag vor: Lahm macht überhaupt keine Fehler. Und dann wurde Philipp beim FC Bayern nicht zu den Profis genommen, ich musste ihn zu Felix Magath nach Stuttgart ausleihen. 

Welcher Spieler hatte den größten Ehrgeiz?
Oh, schwierig. David Alaba zum Beispiel war besessen. Im Grunde waren alle höchst ehrgeizig, ohne Lust auf das Training geht nichts

Thomas Müller haben Sie beim FC Bayern den Spitznamen "Radio Müller" gegeben. War er der witzigste Typ, mit dem Sie es zu tun hatten?
Thomas hatte immer einen guten Spruch drauf und immer etwas zu erzählen. Er und Alaba waren Charaktere, die immer angeschoben haben. Das ist etwas Geniales in Situationen, in denen etwas misslungen ist, im Training oder Spiel. Diese beiden haben die anderen mitgenommen. 

Gibt es einen Müller-Spruch, den Sie nie vergessen werden?
Es waren so viele. Einmal sagte ich zu ihm, dass ich das nächste Mal einen Rettungshubschrauber anfordern würde, da spielten wir in Paderborn, er wurde gefoult, fiel und rollte und rollte und rollte. Später beklagte er sich nach Fouls nie mehr, er hat sich überall weiterentwickelt und hatte das Glück, nie verletzt zu werden. Unser Fitnessexperte Dr. Holger Broich sagte immer, wer in der Jugend hart trainiert, ist nicht so verletzungsanfällig. 

Sie waren 25 Jahre lang beim FCB. Sind Sie heute mehr Bayern als Bochum?
Nein. Wenn beide gegeneinander spielen, äußere ich mich nicht. 

Der Abschied vom FC Bayern fiel nicht harmonisch aus. Ist da inzwischen wieder alles geklärt?
Ja. Grundsätzlich gilt bei mir: Ich wehre mich. Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle, sage ich das. Ich sage immer, was ich denke, auch wenn es dem einen oder anderen nicht passt. 

Ihre komplette Spielerkarriere haben Sie beim VfL Bochum verbracht. Wollten Sie nie weg?
Nein. Und damals waren Transfers nicht so häufig wie heute. Ich war der am schlechtesten bezahlte Spieler in Bochum, ich kam 1972 aus der eigenen Jugend und wurde immer veräppelt. 

Wie viel Geld bekamen Sie 1972 bei Ihrem ersten Profivertrag?
1200 Mark im Monat. Ich hatte meine Banklehre beendet und hätte in diesem Beruf 1000 Mark verdient, wenn ich den ganzen Tag gearbeitet hätte. Anderswo im Fußball hätte ich vielleicht 10.000 Mark im Jahr mehr bekommen, dafür wollte ich mich nicht umstellen. Ich wollte nie aus Bochum weg, ich fühlte mich dort wohl, heute immer noch. Am kommenden Sonntag fahren wir wieder zur Oma nach Bochum, sie ist 93. Noch heute treffe ich mich mit Spielern, mit denen ich in der B-Jugend zusammenspielte. Ich gebe dann einen aus. In Bochum soll es das beste Bier geben. 

Ihr Name steht für Vereinstreue. Haben Sie damals auch immer wieder das VfL-Vereinswappen geküsst?
Nie. Heute küssen die Profis das Wappen des einen Vereins, drei Monate jenes des nächsten. Ich habe nur meine Frau und meine Kinder geküsst. Doch die Zeiten im Fußball haben sich eben grundlegend geändert. 

Woran machen Sie das ganz besonders fest?
Nehmen wir die Trainer: In Bochum hatten wir nur Heinz Höher als Trainer, dann kam ein Fitnesstrainer dazu, dann ein Assistent, ein Mann für den Torwart. Heute haben wir noch Analysten und Psychologen, einen Arzt für das Herz, einen für die Knochen. Es sind mehr Leute im Staff als Spieler. Aber so ist die Entwicklung. Und wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. 

Von welchen Vereinen hatten Sie Angebote?
Losen Kontakt hatte ich einmal zu Kaiserslautern und Frankfurt. 

Was für ein Typ Verteidiger waren Sie?
Ich war sehr schnell, aggressiv, knochenhart und kopfballstark. Der Ball war nicht mein Freund. Wie Lahm war ich nicht. Ich spielte rechter Verteidiger, in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld. 

Woher kommt eigentlich Ihr Spitzname "Tiger"?
Die Bochumer sagen "Eiche" zu mir. Weil ich dazwischengehauen habe und keiner Verletzung aus dem Weg ging. Früher musste man auch einstecken. Als Tiger hat mich einmal ein Journalist bezeichnet. 

Hart, aber herzlich: Ist damit Ihr Umgang mit den Spielern am besten beschrieben?
Ja. Ich bin, so glaube ich, der Weichste von allen. Mein Umgang mit den Spielern war schon bestimmend und hart, aber ich freue mich unfassbar, wenn es einer geschafft hat. Auf der Tribüne zittere ich mit meinen Jungs: Hoffentlich macht keiner einen Fehler! Und wenn er einen macht, hoffentlich fällt dann kein Tor! Und wenn eines fällt, hoffentlich hat es keine Auswirkung auf das Endergebnis! Und wenn Bastian Schweinsteiger schlecht gespielt hatte, ging ich Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge aus dem Weg, damit ich keine Kommentare hören musste. Schließlich hatte ich Schweinsteiger empfohlen. Als er später ein großer Spieler war, hatten es alle gewusst, dass er das würde. So läuft es eben. (lacht

Sie haben auch Thomas Müller für den FC Bayern gerettet.
Ja, da bekam ich von Hoeneß auch einen Anpfiff, weil ich gesagt hatte, Müller bleibt. Zufällig hatte ich gehört, dass er zu Hoffenheim sollte, weil Jürgen Klinsmann keine Chance für ihn in München sah. 3,5 Millionen Euro sollte Bayern bekommen, viel Geld damals. Ich sagte, Müller schießt immer Tore. 

Auf welche Empfehlungen, die Sie dem FC Bayern gaben, sind Sie zumindest ein wenig stolz?
Erling Haaland habe ich empfohlen, als er noch in Molde war. Er hat in München verhandelt, wollte 10.000 bis 15.000 Euro im Monat verdienen und hätte 2,8 Millionen Euro gekostet. Dayot Upamecano hätte 2,2 Millionen gekostet, bevor er nach Salzburg ging. 

Was läuft heute falsch im Jugendfußball und in der Ausbildung?
Am meisten stört mich, dass es heißt, wegen der Belastungssteuerung dürfen wir zwei Tage vor und zwei Tage nach dem Spiel nicht hart trainieren, und dann ist noch ein Tag frei. Nach dem Motto "Übung macht den Meister" müssen die Kinder und Jugendlichen schon Fußball spielen. Aber es wird besser. 

Inwiefern?
Hannes Wolf erledigt beim DFB im Jugendbereich einen überragenden Job, die Reformen machen die Kinder deutlich besser. Wir bekommen gute Spieler. In naher Zukunft werden wir im Weltfußball wieder führend sein. Die Gegner werden Angst haben, gegen Deutschland zu spielen. U-21-Coach Antonio di Salvo ist ein überragender Trainer, ehrlich, mit einer klaren Ansprache. Kai Krüger, der Leiter der Junioren-Nationalmannschaften, arbeitet sensationell. Wir haben da in allen Bereichen sehr gute Leute

Haben Sie gehofft, dass Sie sich mit dem EM-Sieg der U 21 verabschieden können?
Das wäre natürlich noch schöner gewesen. Vor allem für den Trainer, den ganzen Stab und die Mannschaft hätte es mich gefreut. Aber im Endspiel (2:3 gegen England, Anm. d. Red.) hatten wir schon sehr viel Pech, so ist eben der Fußball. Wir haben einmal mit Bochum gegen Bayern 4:0 geführt und 5:6 verloren. Dieses Spiel habe ich 150-mal verloren, weil ich in München darauf immer wieder angesprochen wurde. 

Wer wird aus dieser U 21 wird bald im A-Team auftauchen?
Entwicklungen kann man nie definitiv voraussagen. Wer etwas anderes behauptet, hat keine Ahnung. Manche gehen aber durch die Decke, wenn ich an Nick Woltemade denke. Früher hat er keine Tore gemacht, jetzt schießt er sie am laufenden Band. Mit seiner Ballfertigkeit ist er ein Mann für Pep Guardiola, der eine falsche 9 sucht, die vorne den Ball hält, damit die anderen nachrücken können. Zu Brajan Gruda, der jetzt in Brighton spielt, habe ich gesagt: Junge, es ist nicht entscheidend, was du kannst, sondern was du zeigst. Er ist erst 21 und hat noch gewaltig Luft nach oben. Er muss begreifen, dass er seine Fähigkeiten im Spiel zeigen muss. 

Was ist für Woltemades Entwicklung besser? Weiter Stuttgart? Oder Bayern?
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Grundsätzlich ist er ein erstklassiger Typ, geerdet, super erzogen und klar im Kopf. 

Wo würden Sie zuallererst Reformen in der Nachwuchsförderung ansetzen?
Wir sind da inzwischen auf einem sehr guten Weg. Die Trainer sind fachlich und menschlich top. Wir haben auch im kommenden Jahr eine sehr gute U 21, darunter haben wir ebenfalls sehr gute Talente. Aber sie müssen dann auch gut spielen. Wir sind im Kommen. 

Sie hat immer eine sehr direkte, ehrliche Art ausgezeichnet. Wie haben Sie es geschafft, damit so lange im sonst so angepassten Profi-Fußball zu überstehen?
Vielleicht habe ich es gerade deshalb geschafft. Wenn ich mit meinen Äußerungen falsch lag, hatte ich kein Problem, mich zu entschuldigen. Ich stehe immer dazu, was ich sage oder tue. Von meinen Kindern und Enkeln verlange ich auch diese Ehrlichkeit: Ich möchte nicht angelogen werden, der Opa hat früher auch viel Mist gebaut. Aber ihr müsst immer die Wahrheit sagen, wenn ihr Mist gebaut habt. Der Opa oder Papa regeln das dann schon. 

Welchen guten Rat würden Sie dem Fußball allgemein und den Fußballern speziell aus ihrer Erfahrung heraus mitgeben?
Pünktlich und zuverlässig sein. Die vom Trainer gestellten Aufgaben erfüllen. Die Basics sauber ausführen. Belastungssteuerung ist nicht mein Wort. Höflich sein. Als ich anfangs nach Unterhaching kam, hat kein Kind etwas gesagt. Also habe ich gefragt, was der Esel sagt, wenn er in die Mühle kommt. Sie guckten mich an, dachten: Was will der denn? Ich sagte: Der Esel sagt i-ah. Die denken: Hat der sie nicht alle auf der Latte? Ich sage: Wenn ihr künftig hierher kommt, gebt ihr mir die Hand und sagt: Servus oder guten Tag, Hermann! 

Sie waren über ein halbes Jahrhundert im Fußball aktiv. Wie lautet Ihr Fazit?
Der Beruf war der richtige, ganz klar. Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen. Was auch immer der Mensch gerne macht, macht er gut. In Bielefeld fuhr ich nicht gerne zum Training. Als mich Heribert Bruchhagen dort entließ, sagte ich, ich hätte mich auch entlassen. 

Welches Fußballspiel war das letzte, das Sie gesehen haben?
Das letzte war am Mittwoch bei der Klub-WM Paris gegen Real. Asencio und Rüdiger haben Fehler gemacht, die gehen im Jugendbereich nicht. Paris war jedoch ohnehin besser. Daran sieht man, wie gut die Bayern sein können, sie hätten gegen Paris im Viertelfinale gewinnen können. 

Welches Spiel werden Sie als nächstes sehen?
Wenn Oma den Sender hat, gucke ich natürlich am Sonntag das Finale in den USA. 

Quelle: Kicker.de