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Nur zwei Zugänge, sechs Abgänge - auch eine Chance
#1
Sechs Spieler hat der VfL Bochum in der Wintertransferperiode abgegeben, nur zwei Neue geholt. Zu wenig für den Klassenerhalt? Eine kommentierende Bilanz. 

Weitere Verstärkungen wünschte sich VfL Bochums Trainer Dieter Hecking noch am Samstag nach dem 0:1 gegen den SC Freiburg. Doch bis zum Transferschluss am Montagabend blieb dieser leise Hilferuf unerhört. Wobei Hecking, der gemeinsam mit Geschäftsführer Ilja Kaenzig die Wintertransferperiode gemanagt hat, das Wort „Verstärkung“ ja bewusst gewählt hat. 

Wochenlang hat der Routinier stets betont, dass nur Spieler kommen sollen, die auch sofort helfen können. Zwei haben zugesagt: Georgios Masouras und Tom Krauß. Etliche haben abgesagt. Zuletzt unter anderem Stefan Lainer, Außenverteidiger von Borussia Mönchengladbach. Im Winter kann man nicht mal eben den halben Kader auf links drehen - im Sommer gab es deutlich zu wenige Treffer. Nur Torwart Patrick Drewes, mit durchwachsenen Leistungen, und Mittelfeldmann Ibrahima Sissoko sind Stammkräfte von den zehn Neuen. 

22 Feldspieler und drei Torhüter: Klarer Kern für den Abstiegskampf
Sechs Spieler indes haben das Bundesliga-Schlusslicht verlassen. Samuel Bamba sollte noch dazukommen, die Leihe zerschlug sich allerdings am Montag noch. Standard Lüttich wollte zunächst selbst einen Spieler abgeben, um Platz zu schaffen für Bamba. Dieser Deal scheiterte und damit auch Bambas Wechsel. Der Kader umfasst dann 23 Feldspieler und drei Torhüter. Und das ist im Grundsatz gut so: Ein klarer Kern kann die nötige gemeinsame Entschlossenheit eher konstant entfalten als ein XXL-Team mit vielen Tribünenhockern.

Hecking hat ordentlich aufgeräumt. Das war schon kurz nach seiner Ankunft ein erklärtes Ziel, nur höflicher formuliert. Mit Niklas Jahn, Lennart Koerdt und Mo Tolba schickte er drei Spieler zur U21. Tolba darf sich nach dem Wechsel von Noah Loosli im Training nun wieder konstant bei den Profis zeigen. Spielen wird er wohl nicht in dieser Bundesliga-Saison. 

Jahn hat bisher keinen neuen Klub gefunden, noch kann sich das ändern. In Österreich etwa ist das Transferfenster noch bis zum 6. Februar geöffnet. Genau wie Koerdt ist Jahn aktuell in der Oberliga deutlich besser aufgehoben als in der Bundesliga. 

Elezi und Loosli: Nicht gut genug für die Bundesliga
Aliou Baldé (jetzt von Nizza ausgeliehen an Lausanne) wurde von Hecking mehrmals wegen Undiszipliniertheiten abgestraft, das Missverständnis vorzeitig beendet. Agon Elezi (ausgeliehen an Gorica/Kroatien) war ein ganzes Kalenderjahr lang von der Bundesliga ganz weit weg

Auch Noah Loosli (ausgeliehen Fürth) hat sich unter mehreren Trainern anderthalb Jahre lang mit viel Trainingsfleiß vergeblich bemüht, wenigstens zum Stamm des Kaders zu zählen. In der Innenverteidigung hat der VfL mit Ordets, Bernardo, Masovic, Oermann und Medic genug stärkere Alternativen, auch wenn Loosli in Fürth gleich spielte und gleich ein Tor erzielte. In der 2. Liga. Steigt Bochum ab, kann er kommende Saison auf den Schweizer zählen. Eine Win-Win-Situation. 

Torwart Manuel Riemann (SC Paderborn) blieb - auch aus vereinspolitischen Gründen - unter Hecking die Nummer drei. Samuel Bamba mag viel Talent haben, für die Bundesliga reicht es noch lange nicht. Die geplante Leihe des Außenangreifers hätte ihn beflügeln können, seine Aussicht auf Einsätze bleiben nun gering. Spielpraxis könnte er sich in der Oberliga beim VfL U23 holen - wenn er denn will. 

Kaufoptionen für Kwarteng und Daschner könnten noch schmerzen
Bleiben Moritz-Broni Kwarteng und Lukas Daschner. Beide sind technisch hoch veranlagt - und beide keine Abstiegskämpfer. Beide haben es anderthalb Jahre lang nicht geschafft, sich beim VfL Bochum durchzusetzen, in der Bundesliga zu behaupten, wobei Kwarteng einige Monate verletzt ausfiel.

In der 2. Liga sieht das anders aus. Kwarteng spielt nun für Düsseldorf, ist sofort Stamm, hat bereits drei Treffer vorbereitet. Die Fortuna hat sich eine Kaufoption in Höhe von rund 800.000 Euro gesichert. Lukas Daschner spielt nun für St. Gallen. Auch der Schweizer Erstligist hat eine Kaufoption, die nach Informationen dieser Redaktion rund eine Millionen Euro beträgt. Im Fall des Klassenerhalts hat Bochum hier alles richtig gemacht. 

Im Fall des Abstiegs könnten die Abgänge - trotz der vergleichsweise ja geringen Ablösen - schmerzen. Denn auch Daschner hat in der 2. Liga gezeigt, wie wertvoll er sein kann. Ohne Kaufoption allerdings wären die Deals wohl nicht zustande gekommen - und Hecking hätte zwei unzufriedene Spieler im Kader gehabt, die nicht für den Abstiegskampf geschaffen sind. 

Krauß und Masouras verstärken den VfL
Die Zugänge indes sind sofort in der Startelf zu erwarten. Tom Krauß wurde bereits gegen Freiburg eingewechselt, zeigte seine Malocher-Mentalität. Er erfüllt alle Kriterien, kennt Abstiegskampf, die Bundesliga, steht voll im Saft, war zuletzt Stamm beim englischen Zweitligisten Luton Town. Kicken kann er auch - nicht genial, aber erstligareif.

Im Mittelfeldzentrum ist mit Krauß, Ibrahima Sissoko und Matus Bero zu rechnen. Anthony Losilla, Mats Pannewig und Dani de Wit sind die Alternativen - zum Beispiel, wenn einer ausfällt wie nun Sissoko in Kiel. Im Zentrum ist Bochum gerüstet - in der Arbeit gegen den Ball. Weiterhin mangelt es an einem Gestalter, weil de Wit diese Rolle schlicht nicht ansatzweise so erfüllt wie erhofft. Dieses Dilemma bleibt - de Wit ist angesichts seines Top-Gehaltes bisher der schwerwiegendste Sommerflop. 

Sechs Alternativen für maximal drei Startelf-Plätze im Angriff
Georgios Masouras wird die Offensive verstärken, er bringt enorme internationale Erfahrung mit von Olympiakos Piräus, verspricht mehr Torgefahr, mehr Zug. Masouras erhöht auch die Optionen für ein bundesligataugliches 4-3-3. Allerdings hätte ein weiterer starker Flügelstürmer dem VfL gutgetan. Moritz Broschinski ist außer Form, auch Koji Miyoshi ist im Zweikampf zu schwach für die 1. Liga. Ohnehin fühlt sich der Japaner in den Halbräumen wohler als außen. Lediglich Gerrit Holtmann ist hier derzeit ein Lichtblick. Der Haken: Im 4-3-3 kann Hecking allenfalls Broschinski von der Bank bringen.

Im Sturmzentrum hat sich nichts geändert. Der VfL hat mit Myron Boadu einen Torjäger mit Tiefgang und Defensivschwächen und mit Philipp Hofmann einen zweikampfstarken Wandspieler mit Behauptungswillen und Abschluss-Schwächen - zwei verschiedene Typen. Hinzu kommt Broschinski. 

Drei Spieler für einen Stoßstürmer - Boadu muss sich Hecking mehr anbieten
Von den sechs Offensivkräften spielen maximal drei von Beginn an. Hecking muss sich bei einer Formation mit zwei Außen für die Sicherheitsvariante mit Hofmann oder die Mehr-Torgefahr-Variante mit Boadu entscheiden. Es liegt auch am Niederländer, im Training stets zu zeigen, dass an ihm kein Weg vorbeiführen kann. Bisher war dies offenbar nicht ausreichend oft der Fall, zumindest nicht für Hecking. Ein Boadu beim Harmlos-VfL muss eigentlich gesetzt sein.

Ein Manko: Kein Ersatz für die Schienenspieler Passlack und Wittek
Bisher bevorzugte Hecking allerdings ein 5-3-2 beziehungsweise 3-5-2-System. Im Angriff und im Zentrum gibt es genug Alternativen - für die Schienenspieler Felix Passlack und Maxi Wittek aber keinen adäquaten Ersatz. Beide sind Führungsspieler, geben auch Gas. Von ihrer Bestform aber waren beide zuletzt deutlich entfernt. Ein Kernmanko, das der VfL im Winter nicht beheben konnte.

Auch hier gilt: Im Sommer war das geplante System eine Raute. Das kam in der Vorbereitung gut an, auch beim Autor dieser Zeilen. Längst weiß man: Der Plan mit Trainer Peter Zeidler, mit attraktivem Angriffsfußball wie ihn sich nur Branchen-Größen gönnen können, war ein großer Fehler. Und auch den kann man im Winter nicht mal eben komplett korrigieren im Kader. 

Unterm Strich steht: Die Abgänge sind sinnvoll und nachvollziehbar, die Zugänge ebenso. Auf der Zugangsseite hätten mindestens zwei weitere Spieler - ein Flügelstürmer und ein Außenverteidiger/Schienenspieler - Bochum gut zu Gesicht gestanden. Mindestens. 

Dass keine weiteren kamen, lag vor allem Profil: Spieler auf gutem Bundesliga-Niveau sind nicht unbedingt scharf auf den VfL Bochum, auch wenn der sein Finanzlimit ausschöpft wie etwa bei Masouras. Und der Grieche kam auch nicht erst am Ende des Monats, weil er schon am Anfang des Jahres so großen Bock auf Bochum hatte (den Kontakt gibt es bereits seit über einem Jahr). 

Geld regiert nun mal das Profigeschäft, Berater spielen eine entscheidende Rolle, viele wollen bis zuletzt den größtmöglichen Batzen herausschlagen, fast egal wo. Das ist legitim, die Klubs drehen ja selbst beständig an der Preisspirale. Dieses monetäre Gezerre, am Ende verschleiert mit blumigen Worten, macht es dem VfL nahezu unmöglich, Zugänge eher zu präsentieren. Was klares Ziel war - und fast zwangsläufig verpasst wurde. Vielleicht kommen die Zugänge zwei, drei Spiele zu spät. 

Kleiner Kader: Chance und Risiko für den VfL
Aus dem viel zu großen Kader ist nun jedenfalls ein etwas zu kleiner Kader geworden. Fallen zu viele Spieler aus, wird es eng - ein Risiko. Die Chance: Je weniger Klasse statt Masse es gibt, je besser kann sich das Team zusammenschweißen für den Abstiegskampf. Die Mannschaft ist nun gefordert, diese Einheit Woche für Woche auf den Platz zu bringen. Dann kann der Klassenerhalt noch gelingen.

Quelle: WAZ.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der  VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."
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