12-11-2015, 05:24 PM
Der „krasseste Außenseiter der Bundesliga-Geschichte“, so hatte sich der SCP einst selbst bezeichnet, hat den Verbleib im Oberhaus knapp verpasst und findet sich jetzt, ein gutes halbes Jahr und eine Hinrunde später, im biederen Abstiegskampf der zweiten Liga wieder. So schnell kann es gehen. Nach desaströsem Saisonstart mit nur sieben Zählern aus den ersten zehn Partien (davon sieben Niederlagen) zog man an der Pader die Reißleine und entband Chefcoach Markus Gellhaus von seinen Aufgaben. Die Kohlen aus dem Feuer holen soll seitdem kein geringerer als Stefan Effenberg. Der „Tiger“ ist zurück im Bundesligazirkus und will seine Chance nutzen.
Der Auftakt als „Cheffe“ war dabei geradezu märchenhaft. Die völlig verunsicherte Paderborner Mannschaft spielte wie ausgewechselt und holte unter neuer Regie gleich zwei 2:0-Siege gegen Eintracht Braunschweig und bei Union Berlin. Den ersten Dämpfer für Effenberg setzte es dann am 13. Spieltag gegen den FSV Frankfurt, als Besar Halimi mit seinem späten Ausgleich für den ersten Punktverlust sorgte. Das war es dann auch zunächst mit der neuen Herrlichkeit in Ostwestfalen, es folgte die derbe 1:7-Packung im Pokal beim BVB. Seither gab es keinen Dreier mehr, dafür zwei weitere vermeidbare Remis‘ und zwei Auswärtsniederlagen bei Aufstiegskandidaten. Vor allem das denkwürdige 4:4 gegen 1860 München in der Benteler-Arena, als man in Überzahl eine 3:1-Führung verspielte und schließlich in der Schlussminute noch einen Punkt retten konnte, spiegelt das Bild des SC Paderborn gut wider. Als Bundesliga-Absteiger mit gewissen Ambitionen gestartet, durchaus mit Potential in der Mannschaft und doch wankelmütig. Ähnlich erging es bereits manch anderem Aufsteiger, der nach einem Jahr Bundesliga eine Etage tiefer mit gehörigen Problemen zu kämpfen hatte. Doch Effenberg hatte weder eine komplette Vorbereitung noch Einfluss auf die Zusammenstellung des Kaders, und doch ist ein leichter Aufwärtstrend erkennbar.
Im Januar darf der 47-Jährige den Kader ein wenig nach seinen Vorstellungen umbauen. Vor allem ein Innenverteidiger fehlt nach der schweren Verletzung von Rafa Lopez. Hauke Wahl, der nach dem Hünemeier-Abgang auf die Insel als Nachfolger geholt wurde, macht seine Sache zwar bislang ausgesprochen ordentlich, doch mit seinen 21 Lenzen ist der offensivstarke Defensive (noch) kein Abwehrchef. Sein Nebenmann Niklas Hoheneder, aus Leipzig verpflichtet, tut sich bislang trotz großen Engagements schwer. Selbiges gilt für die meisten anderen Neuzugänge ebenfalls. Nick Proschwitz, nach drei Jahren England-Abenteuer seit Sommer zurück im SCP-Dress, ist mit fünf Treffern zwar der beste Schütze des Teams, lässt jedoch bis dato zu viele Chancen liegen und macht Elias Kachunga noch nicht ganz vergessen. Kevin Stöger, immerhin für rund eine Million vom VfB Stuttgart gekommen, Dominik Wydra (Rapid Wien), Christian Bickel (Hansa Rostock) oder Oliver Kirch (Borussia Dortmund) konnten die schwerwiegenden Abgänge von Lukas Rupp und Mario Vrancic bislang nicht Eins zu Eins ersetzen. Marcel Ndjeng spielt unter Effenberg kaum noch eine Rolle.
Doch die Ostwestfalen sind trotz Tabellenplatz 16 recht positiv gestimmt, was die zweite Saisonhälfte angeht. Man bleibt ruhig und spricht auf der Jahreshauptversammlung sogar von der zeitnahen Bundesligarückkehr. Sicherlich ein ambitioniertes Unterfangen. Aber auch wenn seit fünf Spielen nicht mehr dreifach gepunktet wurde, hat Effenberg jetzt bereits mehr Zähler geholt als Vorgänger Gellhaus. Zusätzlich ist sein Team nach vorne hin gefälliger unterwegs, obendrein topmotiviert. Vor allem Moritz Stoppelkamp und Süleyman Koc, die schon in der Bundesliga ansprechend wirbelten, kommen unter dem neuen Coach wieder besser zu Geltung. Unter diesen Voraussetzungen wollen sich die Blau-Schwarzen zum Rückrundenstart für die Auftaktpleite, der VfL siegte zum Start mit 1:0, rehabilitieren und den ersten Schritt aus dem Keller tätigen. Denn Optimismus und Ruhe sind zwar schön und gut, doch ohne entsprechende Resultate kann auch im beschaulichen Paderborn die Stimmung rasch kippen. In den bisherigen elf Duellen mit dem VfL konnte der SCP bislang drei Siege einfahren, die aber dafür ziemlich deutlich ausfielen (zweimal 4:0, einmal 4:1), verlor aber auch schon fünfmal gegen die Jungs von der Castroper Straße. Unter anderem, wie erwähnt, im Hinspiel am 1. Spieltag, als Janik Haberer mit seinem Premierentor im VfL-Dress nach gut einer Stunde per Kopf das Tor des Tages markierte.
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."