11-06-2015, 10:05 AM
Eine Ära neigt sich dem Ende entgegen. Nach 15 Jahren im Dienste des Karlsruher SC hat sich Cheftrainer Markus Kauczinski vor rund einem Monat dazu entschlossen, nach Saisonende einen neuen persönlichen Weg einzuschlagen. Man mag über diesen Entschluss, vor allem als KSC’ler, denken, wie man will. Die Entscheidung jedenfalls scheint als Wachmacher einer zu Saisonbeginn schläfrigen Karlsruher Elf zu fruchten. Seit Kauczinskis Verkündung fuhren die Badener, nach Siegen gegen 1860 München und Kaiserslautern sowie einem Remis gegen Nürnberg, sieben von neun möglichen Punkten ein und kassierten kein Gegentor mehr.
Die Gegentore waren im Zuge des schleppenden Saisonstarts, klammert man das herbe 0:6 in Braunschweig und das 0:3 gegen Union Berlin mal aus, auch nicht das gravierendste Problem. Vielmehr lahmte die um Toptorjäger Rouwen Hennings und Antreiber Reinhold Yabo beraubte Offensive, und tut es auch jetzt noch. Zusätzlich steckte der Relegationshorror und die damit verbundene kürzere Vorbereitung in den Karlsruher Gliedern. Man hat sich aber aufgerappelt am Adenauerring und schickt sich nun an, das Feld von hinten aufzuräumen. Doch jetzt kommt der VfL in den Wildpark und der lässt sich nicht so leicht aus dem Weg räumen.
Es ist bereits Kauczinskis vierte Amtszeit als Trainer der Profimannschaft der Badener. Dreimal sprang der 2001 als Jugendtrainer gekommene 46-Jährige als interimsweise ein, wegen der fehlenden Fußballlehrerlizenz musste er jeweils zurück ins zweite Glied. Erst am 22. März 2012 erhielt er die Lizenz, vier Tage später ersetzte er Jörn Andersen als Chefcoach und sollte dies auch endlich langfristig bleiben. Er übernahm den Verein nach einer chaotischen Phase mit vielen Führungswechseln und finanzieller Schieflage. Das HSV-Drama war indes übrigens nicht die einzige negative Relegationserfahrung des gebürtigen Gelsenkircheners. Keine zwei Monate nach der Übernahme der Kommandobrücke stieg seine Mannschaft nach zwei Unentschieden in den Spielen gegen Jahn Regensburg nur aufgrund der Auswärtstorregel auf ähnlich bittere Art und Weise in die dritte Liga ab. Doch Kauczinski führte den Club zum sofortigen Wiederaufstieg, etablierte ihn im Unterhaus und krönte seine Erfolgsstory mit dem Beinahe-Bundesligaaufstieg.
Gerade mal 54 Tage Zeit hatte der Karlsruher SC, um die um Sekundenbruchteile verpasste Rückkehr in die Bundesliga (BL-Abstieg 2009) zu verarbeiten. Dann ging es schon wieder weiter mit dem Alltag in Liga zwei. Gegner am ersten Spieltag: die SpVgg Greuther Fürth. Erwähnenswert, weil die Fürther im Jahr zuvor in der Relegation ebenfalls am Hamburger SV scheiterten. Die Partie ging verloren, es war der Anfang eines verkorksten Saisonstarts. Es folgte eine Heimschlappe gegen St. Pauli, dann folgte das peinliche Aus im DFB-Pokal bei Oberligist Reutlingen. Mit zwei Siegen gegen Frankfurt und Duisburg schien es fortan bergauf zu gehen, doch es kam sogar noch schlimmer. Drei deftigen Pleiten am Stück (0:11 Tore) folgten drei Punkteteilungen. Sechs Spiele ohne Sieg nahm sich Kauczinski zum Anlass, seinen Rückzug für den kommenden Sommer anzukündigen. Und auf einmal läuft es wieder in Baden, es folgten die erwähnten sieben Zähler aus den letzten drei Spielen. Weil die defensive Stabilität endgültig zurück ist.
Auf einer engmaschigen Defensive fußte auch der Beinahe-Aufstieg aus der Vorsaison, nur Aufsteiger Darmstadt hatte mit 26 Gegentoren eine ebenso stabile Abwehr wie der KSC. Doch damals hatte man Rouwen Hennings, auf den das rasante Umschaltspiel wie die Faust aufs Auge passte. Der kickt mittlerweile in England und mit ihm ging die Torgefährlichkeit. Lediglich elf Buden machten die Karlsruher bislang, nur drei Teams sind harmloser.
Symptomatisch dafür: Neuzugang Erwin Hoffer ist mit vier Treffern bester Torschütze, keiner traf sonst häufiger als einmal. Auch der Abgang von Mittelfeldmotor Reinhold Yabo nach Salzburg schmerzte und tut es immer noch.Des Weiteren verließen Linksverteidiger Philipp Max den KSC gen Augsburg, Philipp Klingmann ging zum SV Sandhausen. Neu hinzu kamen Hoffer und zahlreiche Talente wie Pascal Köpke (Sohn von Andreas Köpke) aus Unterhaching, Grischa Prömel von Hoffenheim oder der ehemalige Wolfsburger Bjarne Thoelke. Mit den Leihen von Mohamed Gouaida, der ausgerechnet vom HSV kam, und Dimitrios Diamantikos (Olympiakos Piräus) wurde der Kader kostengünstig ergänzt, obwohl vor allem die Verkäufe von Max und Hennings einige Millionen in die Kassen spülten. Auch zwei VfL’er gehörten schon zum KSC-Kader: Stefano Celozzi kickte in der vorerst letzten Bundesliga-Spielzeit 2008/09 im Wildpark, Marco Terrazzino zwei Jahre später.
Zuletzt zappelte das Netz in den direkten Duellen mit dem KSC selten bis gar nicht. In den letzten sechs Partien fielen insgesamt nur drei Tore (Dreimal 0:0, einmal 1:0 für den VfL, einmal 1:1 und zuletzt wieder torlos). Insgesamt ist die Bilanz in der 2. Liga durchaus positiv für den VfL. In 16 Partien verließen die Jungs von der Castroper Straße lediglich zwei Mal als Verlierer das Feld, sechs Mal hingegen als Sieger. Auch zu Bundesligazeiten war der VfL seit 1975 in den Begegnungen, wenn auch minimal, erfolgreicher als der Kontrahent (12S/12U/10N).
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."