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Letsch : „Ich würde niemals eine Idee durchdrücken“
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Thomas Letsch fühlt sich wohl in Bochum, und die Vereinsführung ist mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Kein Wunder also, dass sich die beiden Parteien auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt haben. Nun verrät der Cheftrainer des VfL, worum es in den Vertragsgesprächen ging, wie er rückblickend die Entwicklungen in der Hinrunde einordnet und wie ihm die Neuzugänge gefallen. Außerdem spricht er über die Systemumstellung, den Ausfall von Takuma Asano und die kurze Winterpause.

Herr Letsch, Ende des Jahres haben Sie Ihren Vertrag beim VfL Bochum bis 2026 verlängert. Gab es bei Ihnen mal einen Moment des Zweifels, oder war immer klar, dass es zur Unterschrift kommen würde?
Die Grundstimmung war immer so, dass ich beim VfL Bochum bleiben möchte und die Verantwortlichen das auch wollen. Wir hatten also ein gemeinsames Ziel. Man muss sich für die Vertragslaufzeit vor allem über die Zielsetzung einig sein. Wir haben außerdem den Kader und den Staff durchleuchtet und überlegt, ob wir nachjustieren müssen.

Und was ist das Ergebnis? Haben Sie konkrete Wünsche geäußert?
Als wir im September 2022 zusammengekommen sind, wussten wir schon viel voneinander. Jetzt kennen wir uns noch besser und können die Gesamtsituation noch besser einschätzen. Wir haben ja schon im Sommer gemeinsam Veränderungen vollzogen, der Kader ist nun ausgeglichener besetzt. Viele Wünsche habe ich deshalb gar nicht. Natürlich gibt es immer Ideen. Einige Verträge laufen im Sommer aus, darüber haben wir uns beispielsweise Gedanken gemacht. Es gibt aber auch Themen, die man von außen gar nicht mitbekommt.

Was meinen Sie genau?  
Zum Beispiel das Thema Ernährung. Da sind wir in der Zeit, in der ich jetzt beim VfL Bochum tätig bin, deutlich professioneller geworden. Das ist ein völlig anderes Level, auf dem wir da jetzt arbeiten.

Entscheidend sind natürlich immer die Ergebnisse auf dem Platz. Mit welchen Gedanken blicken Sie auf die Hinrunde?
Positiv war, dass wir weniger Spiele verloren haben als in der vergangenen Saison. Wir sind schwerer zu besiegen. Negativ war, dass wir Spiele, die wir hätten gewinnen können oder müssen, nicht gewonnen haben. Auswärts in Augsburg oder zu Hause gegen Frankfurt, Mainz und Köln war mehr drin als ein Unentschieden. Da waren wir deutlich näher am Sieg als der Gegner.

Was war aus Ihrer Sicht der Höhepunkt der Hinrunde? Und welchen Tiefpunkt gab es?
Schlecht war das Spiel ganz zu Beginn in Stuttgart, für das wir als Trainerteam die falsche, weil zu passive Herangehensweise gewählt haben. Schlecht waren wir auch in München, weil wir dort zu mutig waren und Lehrgeld bezahlt haben. Und schlecht waren die ersten 60 Minuten gegen Mönchengladbach. Aus meiner Sicht überwiegt jedoch das Erfreuliche, zum Beispiel der Sieg in Darmstadt. Wir haben auch in Augsburg ein wirklich gutes Auswärtsspiel gemacht, oder waren gegen Köln klar überlegen. Gut war auch die Art und Weise, wie wir in Leipzig verteidigt haben. Und sehr gut waren natürlich die Heimspiele gegen Wolfsburg und Union Berlin. Vor allem mit dem Sieg gegen Berlin haben wir uns ein kleines Polster nach unten aufgebaut. Wir stehen zum Jahreswechsel auf einem Platz, den wir am Saisonende feiern würden.

Gefühlt waren die Ausschläge nach unten zu Beginn der Saison größer als gegen Ende der Hinrunde. Welche Lehren ziehen Sie daraus?  
Nach dem Spiel in Stuttgart war klar: So wollen wir es nicht noch einmal angehen. Dann sind wir mutiger geworden. Nach insgesamt zehn Gegentoren, die wir gegen München und Mönchengladbach kassiert haben, mussten wir uns erneut Gedanken machen. Wir haben dann wieder tiefer verteidigt, ohne passiv zu werden. Das ist ein schmaler Grat. Dass wir in Leipzig zu Null gespielt haben, war wichtig und hat sich fast wie ein Sieg angefühlt. Damit haben wir uns neue Sicherheit geholt und konnten es in der Folge wieder offensiver angehen.

Im Sommer wurde viel über die Umstellung auf eine Dreier- bzw. Fünferkette in der Abwehr diskutiert. Einige Fans sagen, Sie waren zu stur, andere loben Ihre Anpassungsfähigkeit. Wie sehen Sie das?
Als Trainer hat man eine Idealvorstellung. Wir wollten hinten mit einem Mann mehr spielen, um stabiler zu werden – das war der Hintergedanke. Das hat aber nicht so funktioniert wie wir uns das vorgestellt haben. Wenn das so ist, bleibe ich nicht stur, sondern adaptiere. Ich würde niemals eine Idee durchdrücken, wenn ich merke, dass sie nicht funktioniert. Alles andere wäre blauäugig. Wir sind zwar von der Idealvorstellung abgewichen, aber trotzdem vorangekommen. All das sind aber normale Prozesse im Laufe einer Saison.

Gegen Darmstadt haben Sie dann wieder auf eine Viererkette umgestellt und sind dabei geblieben.  
Es sind nur Nuancen zwischen den Systemen. Gegen Wolfsburg zum Beispiel haben wir zwar nominell mit einer Vierkette gespielt, auf dem Platz war es aber eher einer Dreierkette. Speziell die Verpflichtung von Bernardo, der auf der linken Abwehrseite verschiedene Rollen einnehmen kann, ermöglicht uns fließende Übergänge.

n unserem Interview vor der Saison haben Sie mehr Tore und weniger Gegentreffer gefordert. Sind Sie mittlerweile zufrieden mit der Bilanz?
Nein, in Summe haben wir aus meiner Sicht weder das eine noch das andere erfüllt, wobei wir uns nach dem Spiel gegen Mönchengladbach deutlich stabilisiert haben. Vor allem vor dem gegnerischen Tor ist aber noch Luft nach oben. Wenn wir sehen, wie viele Chancen wir uns erarbeiten, dann müssten wir häufiger treffen.

Wie lässt sich die Effektivität erhöhen?
Das ist wirklich schwer. In erster Linie geht es darum, die Entscheidungsfindung beim letzten Pass und beim Abschluss zu verbessern. Ich bin davon überzeugt, dass wir gute Offensivspieler haben. Je mehr Selbstbewusstsein sie haben, desto einfacher ist es. Wichtig ist aber, dass wir überhaupt in die Abschlusssituationen kommen. Anderenfalls wäre es viel problematischer.   

Mit aktuell fünf Saisontreffern ist Takuma Asano der erfolgreichste Torschütze des VfL. Er könnte bis Mitte Februar fehlen, weil er beim Asien-Cup weilt. Ist das eine herbe Schwächung für den Klub?
Takuma ist für uns ein wichtiger Spieler. Ideal ist sein Ausfall also nicht. Aber die Konkurrenz hat das Problem teilweise auch, weil ja nicht nur der Asien-Cup läuft, sondern auch der Afrika-Cup. Wir wussten bereits vor der Saison, dass es dieses Turnier geben wird und dass Takuma möglicherweise bis zu den Finalspielen weg sein wird. Denn die Chance, dass Japan im Turnier weit kommt, ist groß. Wir können den Ausfall aber kompensieren, zum Beispiel mit Christopher Antwi-Adjei, Moritz-Broni Kwarteng oder Lukas Daschner.

Damit sind wir bei den Neuzugängen. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?
Ich glaube, bei Bernardo gibt es keine zwei Meinungen. Er spielt eine super Saison. Auch Keven Schlotterbeck, der ja kein wirklicher Neuzugang ist, macht es sehr gut. Bis zu seiner Verletzung war auch Matus Bero ein wichtiger Faktor, der zum Glück schneller zurückgekehrt ist als wir es erwartet haben. Maximilian Wittek und Felix Passlack haben anfangs viel gespielt, zuletzt nicht mehr so oft. Moritz-Broni Kwarteng war lange verletzt, das merkt man ihm noch an, wobei er schon gute Ansätze gezeigt hat. Lukas Daschner, der ein Element mit einbringt, das wir so nicht haben und der auch schon getroffen hat, und Momo sind neu in der Liga, das dürfen wir nicht vergessen. Ihnen fehlt noch die Konstanz. Goncalo Paciencia wird ebenfalls auch immer fitter und damit noch wichtiger für uns. Auch Noah Loosli und Niclas Thiede arbeiten beide sehr professionell und sind da, wenn sie gebraucht werden.

Ist der Klassenerhalt in diesem Jahr auch deshalb einfacher möglich, weil es in der Liga ein ziemlich großes Gefälle gibt und die Mannschaften auf den Abstiegsplätzen bislang kaum gepunktet haben?
Ich orientiere mich nicht an der vergangenen Saison, weil sie mit der jetzigen nicht vergleichbar ist. Vorne ziehen Leverkusen und die Bayern ein wenig davon. Es gibt dann ein sehr breites Mittelfeld. Das Gefälle ist ein bisschen größer als im vergangenen Jahr. Aber da sind wir auch von Beginn an hinterhergelaufen. Jetzt befinden wir uns in einer anderen Situation und haben auch die Spiele gegen die direkten Konkurrenten nicht verloren. Das ist wichtig.

Die Winterpause ist sehr kurz, bereits am 14. Januar geht es gegen Werder Bremen weiter. Ist das aus Ihrer Sicht problematisch? Sie haben zum Beispiel auf ein Trainingslager verzichtet.
Ein Trainingslager hätte in diesem Winter keinen Sinn ergeben. Wir hätten anderthalb Tage nur wegen der Reise verloren und hätten uns anschließend erst wieder akklimatisieren müssen. Fünf Tage mehr Vorbereitungszeit wären schön gewesen, vor allem für die Spieler, die auf sich aufmerksam machen wollen. Aber wir können es nicht ändern. Letztes Jahr hatten wir wegen einer WM in Katar eine sehr lange Pause, in diesem Jahr ist sie eher kurz. Wir haben den Spielern trotzdem bis zum Neujahrstag freigegeben. Diese Zeit brauchten sie nach einer kräftezehrenden Runde. Wir werden pünktlich zum Spiel gegen Bremen wieder bereit sein.

Von den 18 Partien bis zum Saisonende finden zehn im eigenen Stadion statt. Kann das ein Vorteil sein?
Absolut. Das darf man nicht unterschätzen. Wir haben uns auswärts mittlerweile gesteigert. Aber hier zu Hause haben wir bislang nur ein Spiel verloren. Heimspiele sind für uns ein Vorteil. Die Stimmung ist fantastisch, das hilft uns. Jedes Heimspiel ist ein Highlight für Bochum. Dass wir davon noch zehn haben, müssen wir nutzen.

Abschließend und daran anknüpfend: Wie interessiert verfolgen Sie eigentlich die Diskussion um die Modernisierung des Stadions?
Natürlich interessiert es mich und ich verfolge die Diskussionen und Entwicklungen. Aber ich habe ja keinen Einfluss auf das, was geschieht. Wir haben ein tolles Stadion und ich genieße hier jeden Moment.

Quelle: VfL - Magazin.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der  VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."
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