04-16-2024, 04:25 PM
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04-16-2024, 04:26 PM von Herr Bert.)
„Wer hetzt, verliert!“ Diese Initiative hat der VfL Bochum 1848 gemeinsam mit der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) im Dezember 2023 ins Leben gerufen. Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, strafbaren Hass in den digitalen Medien sowie den entsprechenden Plattformen konsequent zu verfolgen. Am Dienstag, den 16. April 2024, fanden im Vonovia Ruhrstadion die ersten öffentlichen Diskussionen rund um das Projekt statt.
In drei Panels wurden das Projekt und seine Ziele vorgestellt, Praxisbeispiele gegeben und Lösungsansätze diskutiert sowie ein Ausblick auf die weitere Entwicklung gewagt. „Wir wollen praktische Dinge erarbeiten, etwas lernen und Impulse mitnehmen“, leitete Prof. Dr. Ingo Bott, Rechtsanwalt und Experte für Sportstrafrecht, ein, der durch die Veranstaltung führt. Die Begrüßung der über 130 Anwesenden übernahm NRW-Justizminister Dr. Benjamin Limbach. Der musste zu Beginn eingestehen, zum ersten Mal überhaupt in einem Stadion zu sein.
Berührungspunkte mit Fußball habe Dr. Benjamin Limbach nicht, mit Hass und Hetze dafür umso mehr. „Niemand muss sich beleidigen oder herabwürdigen lassen“, stellte der NRW-Justizminister klar. Das gelte für den digitalen Raum genauso wie für die reale Welt. „Dabei geht es auch um den Schutz unseres demokratischen Diskurses. Dieser droht zu verrohen und damit auch die Gesellschaft.“ Das Projekt habe in diesem Zusammenhang Leuchtturm-Charakter und sei als Zeichen an die Öffentlichkeit eindeutig: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“ Daher dürfe die Schwelle zum Melden eines Hass-Kommentares und damit der Einleitung eines Strafverfahrens nicht mehr als Barriere wahrgenommen werden.
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul stellte in seiner Begrüßungsrede klar: „Hasskommentare erfüllen Tatbestände.“ Fußball habe in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung in Deutschland. „Was auf dem Platz passiert, passiert auch in der Gesellschaft. Der ungezügelte Hass gegen Fußballprofis und deren Angehörige kann einen nur fassungslos machen.“ Das Problem: Durch die Anonymität im Netz würden sich Täter vermeintlich sicher fühlen. Reuls eindeutige Botschaft: „Da irren sie sich sehr gewaltig. Das sind knallharte Straftaten, ganz einfach.
Jonas Schlevogt, Leiter Recht VfL Bochum 1848 und Initiator, erläuterte im ersten Panel, die Doppelfunktion der Initiative. Auf der einen Seite werden präventiv Maßnahmen ergriffen, gleichzeitig werde mit den
Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet. „Dieser Zusammenschluss aus Politik, Behörden und Klubs sendet das richtige Signal, auch eine Wirkung erzielen zu können. Nur gemeinsam können wir das Thema angehen“, so Schlevogt. Daher die enge Zusammenarbeit mit der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen.
„Wir wollen Strafverfolgung im Netz gewährleisten“, sagte Dr. Christoph Hebbecker von der Staatsanwaltschaft Köln. Über eine digitale Plattform können Vereine mögliche „Hate Speech“ melden. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Tatbestand bestehen könnte und kann eine Ermittlung aufnehmen. Dabei hob Hebbecker hervor: „Niemand soll zu Unrecht mit Ermittlungsverfahren überzogen werden.“ Für den Schutz der Meinungsfreiheit müssten ihre Grenzen genauer definiert werden. „Wer eine Straftat begeht, muss damit rechnen, dass er identifiziert wird.“
Jan Trippelsdorf, Syndikusrechtsanwalt des FC Schalke 04, war dabei wichtig zu betonen: „Wir wollen nicht die Emotionalität aus dem Sport nehmen und die Fans kriminalisieren.“ Es gehe nicht darum, dass etwas nur unter der Gürtellinie, sondern strafrechtlich relevant sei. „Wir wollen nicht hinnehmen, dass Menschen ihren Hass auf einen Fußballprofi projizieren, die mal eine schlechte Leistung gebracht haben“, ergänzte Kristina Rothenberger, Syndikusrechtsanwältin von Borussia Dortmund.
In Panel 2 war der Aufhänger das Praxisbeispiel von Andreas Luthe. Der Spieler des VfL Bochum 1848 erzählte von einem persönlichen Fall, den er zur Anzeige gebracht hatte. „Es haben sich viele daran gewöhnt, dass die Postfächer mit Hetze und Drohungen voll sind.“ Luthe aber wehrte sich, wollte das nicht so stehenlassen. „Wir wissen, dass Hass im Netz auch zu einer Zunahme von Gewalt im realen Leben führt“, sagte Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung VfL Bochum 1848. Christina Rühl-Hamers, Vorständin Finanzen, Personal & Recht FC Schalke 04, pflichtete ihm bei: „Wichtig ist, dass wir alle zusammen lernen, wo die Grenze ist. Was wollen wir aushalten und was nicht? Wir sind als Fußball auch Vorbild für die Gesellschaft.“ Rühl-Hamers sprach in diesem Zusammenhang den Einsatz von Techniken wie künstlicher Intelligenz an, um der Masse an Kommentaren Herr zu werden.
Entscheidend sei dabei die enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden. „Wenn wir eine Mitteilung bekommen, brauchen wir die Geschwindigkeit“, betonte Markus Hartmann, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln und Leiter ZAC. „Wenn wir nicht schnell ermitteln, ermitteln wir am Ende gar nicht.“ Aus der Ermittlungspraxis berichtete Ingo Wünsch, Direktor des Landeskriminalamts NRW, und mahnte: „Es rollt keine Welle des Hasses auf uns zu, sie ist in der digitalen Welt bereits da und sie wird immer größer werden.“ Ein solches Projekt sei deshalb auch ein Weckruf für Strafverfolgungsbehörden. Gleichzeitig wandte Wünsch sich an die Gesetzgebung: „Sich in der digitalen Welt verstecken zu können, ist zu einfach, feige und unfair. Wir brauchen Identifizierungsmerkmale im Internet.“
Im dritten Panel ging es um Ausblick und weitere Entwicklung. Ronny Zimmermann, Vizepräsident Amateure/Regional- und Landesverbände DFB, berichtete von einem Strategiewechsel, seitdem Hass und Hetze konsequent zur Anzeige gebracht werden sollen. „Ich würde mir wünschen, dass sich dieser Art des Vorgehens noch mehr Sportarten und Vereine anschließen, um am Ende auch die Schlagkraft zu haben, dass die Zeichen der Zeit erkannt werden.“ Die DFL zeigte sich in Anwesenheit von Tobias Kaufmann, Direktor Kommunikation, begeistert von Initiativen wie „Wer hetzt, verliert!“. „Wir werden als Netzwerk der Klubs unterstützend dabei sein. Letztlich geht es darum, was wir in der analogen Welt schaffen, auch in der virtuellen Welt hinzubekommen.“ Wie das gelingen kann, skizzierten Gerd M. Dembowski, Senior Manager für Vielfalt und Antidiskriminierung in der FIFA-Abteilung Menschenrechte & Antidiskriminierung, und Dr. Tinusch Jalilvand, Rechtsanwalt und Universitätsdozent.
Den Abschluss bildete die Keynote von Almuth Schult, Fußballtorhüterin und TV-Expertin. Sie beschrieb zunächst die Vorteile von Sozialen Netzwerken. Eine Welt, in der alles möglich sei. Stichwort „Ohne Grenzen“. Doch dies lasse sich auch negativ auslegen, es geht in die Anonymität. „Persönlich würde mir sowas vermutlich keiner ins Gesicht sagen.“ Schult erzählte von ihren Erfahrungen als TV-Expertin für die ARD, positiv wie negativ, und wie sie gelernt hat, damit umzugehen.
Schult sei überzeugt davon, nicht nur die Auswirkungen minimalisieren zu müssen, sondern an der Ursache anzusetzen. „Für so etwas brauchen wir Vorbilder. Vorbilder, die wir hier diese Diskussion führen. Vorbilder wie den VfL Bochum, der so etwas ins Leben ruft, darüber spricht und Aufklärung schafft. Wir reden darüber, dass wir dem Fußball Respekt und Fairness mit einhauchen wollen. Aber wie bekommen wir unsere Werte, die wir leben wollen, nicht nur auf den Fußballplatz, sondern auch in die Sozialen Netzwerke?“ Dafür brauche es Ansprechpartner, Seminare – und ein Aufzeigen von Konsequenzen.
In drei Panels wurden das Projekt und seine Ziele vorgestellt, Praxisbeispiele gegeben und Lösungsansätze diskutiert sowie ein Ausblick auf die weitere Entwicklung gewagt. „Wir wollen praktische Dinge erarbeiten, etwas lernen und Impulse mitnehmen“, leitete Prof. Dr. Ingo Bott, Rechtsanwalt und Experte für Sportstrafrecht, ein, der durch die Veranstaltung führt. Die Begrüßung der über 130 Anwesenden übernahm NRW-Justizminister Dr. Benjamin Limbach. Der musste zu Beginn eingestehen, zum ersten Mal überhaupt in einem Stadion zu sein.
Berührungspunkte mit Fußball habe Dr. Benjamin Limbach nicht, mit Hass und Hetze dafür umso mehr. „Niemand muss sich beleidigen oder herabwürdigen lassen“, stellte der NRW-Justizminister klar. Das gelte für den digitalen Raum genauso wie für die reale Welt. „Dabei geht es auch um den Schutz unseres demokratischen Diskurses. Dieser droht zu verrohen und damit auch die Gesellschaft.“ Das Projekt habe in diesem Zusammenhang Leuchtturm-Charakter und sei als Zeichen an die Öffentlichkeit eindeutig: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“ Daher dürfe die Schwelle zum Melden eines Hass-Kommentares und damit der Einleitung eines Strafverfahrens nicht mehr als Barriere wahrgenommen werden.
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul stellte in seiner Begrüßungsrede klar: „Hasskommentare erfüllen Tatbestände.“ Fußball habe in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung in Deutschland. „Was auf dem Platz passiert, passiert auch in der Gesellschaft. Der ungezügelte Hass gegen Fußballprofis und deren Angehörige kann einen nur fassungslos machen.“ Das Problem: Durch die Anonymität im Netz würden sich Täter vermeintlich sicher fühlen. Reuls eindeutige Botschaft: „Da irren sie sich sehr gewaltig. Das sind knallharte Straftaten, ganz einfach.
Jonas Schlevogt, Leiter Recht VfL Bochum 1848 und Initiator, erläuterte im ersten Panel, die Doppelfunktion der Initiative. Auf der einen Seite werden präventiv Maßnahmen ergriffen, gleichzeitig werde mit den
Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet. „Dieser Zusammenschluss aus Politik, Behörden und Klubs sendet das richtige Signal, auch eine Wirkung erzielen zu können. Nur gemeinsam können wir das Thema angehen“, so Schlevogt. Daher die enge Zusammenarbeit mit der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen.
„Wir wollen Strafverfolgung im Netz gewährleisten“, sagte Dr. Christoph Hebbecker von der Staatsanwaltschaft Köln. Über eine digitale Plattform können Vereine mögliche „Hate Speech“ melden. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Tatbestand bestehen könnte und kann eine Ermittlung aufnehmen. Dabei hob Hebbecker hervor: „Niemand soll zu Unrecht mit Ermittlungsverfahren überzogen werden.“ Für den Schutz der Meinungsfreiheit müssten ihre Grenzen genauer definiert werden. „Wer eine Straftat begeht, muss damit rechnen, dass er identifiziert wird.“
Jan Trippelsdorf, Syndikusrechtsanwalt des FC Schalke 04, war dabei wichtig zu betonen: „Wir wollen nicht die Emotionalität aus dem Sport nehmen und die Fans kriminalisieren.“ Es gehe nicht darum, dass etwas nur unter der Gürtellinie, sondern strafrechtlich relevant sei. „Wir wollen nicht hinnehmen, dass Menschen ihren Hass auf einen Fußballprofi projizieren, die mal eine schlechte Leistung gebracht haben“, ergänzte Kristina Rothenberger, Syndikusrechtsanwältin von Borussia Dortmund.
In Panel 2 war der Aufhänger das Praxisbeispiel von Andreas Luthe. Der Spieler des VfL Bochum 1848 erzählte von einem persönlichen Fall, den er zur Anzeige gebracht hatte. „Es haben sich viele daran gewöhnt, dass die Postfächer mit Hetze und Drohungen voll sind.“ Luthe aber wehrte sich, wollte das nicht so stehenlassen. „Wir wissen, dass Hass im Netz auch zu einer Zunahme von Gewalt im realen Leben führt“, sagte Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung VfL Bochum 1848. Christina Rühl-Hamers, Vorständin Finanzen, Personal & Recht FC Schalke 04, pflichtete ihm bei: „Wichtig ist, dass wir alle zusammen lernen, wo die Grenze ist. Was wollen wir aushalten und was nicht? Wir sind als Fußball auch Vorbild für die Gesellschaft.“ Rühl-Hamers sprach in diesem Zusammenhang den Einsatz von Techniken wie künstlicher Intelligenz an, um der Masse an Kommentaren Herr zu werden.
Entscheidend sei dabei die enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden. „Wenn wir eine Mitteilung bekommen, brauchen wir die Geschwindigkeit“, betonte Markus Hartmann, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln und Leiter ZAC. „Wenn wir nicht schnell ermitteln, ermitteln wir am Ende gar nicht.“ Aus der Ermittlungspraxis berichtete Ingo Wünsch, Direktor des Landeskriminalamts NRW, und mahnte: „Es rollt keine Welle des Hasses auf uns zu, sie ist in der digitalen Welt bereits da und sie wird immer größer werden.“ Ein solches Projekt sei deshalb auch ein Weckruf für Strafverfolgungsbehörden. Gleichzeitig wandte Wünsch sich an die Gesetzgebung: „Sich in der digitalen Welt verstecken zu können, ist zu einfach, feige und unfair. Wir brauchen Identifizierungsmerkmale im Internet.“
Im dritten Panel ging es um Ausblick und weitere Entwicklung. Ronny Zimmermann, Vizepräsident Amateure/Regional- und Landesverbände DFB, berichtete von einem Strategiewechsel, seitdem Hass und Hetze konsequent zur Anzeige gebracht werden sollen. „Ich würde mir wünschen, dass sich dieser Art des Vorgehens noch mehr Sportarten und Vereine anschließen, um am Ende auch die Schlagkraft zu haben, dass die Zeichen der Zeit erkannt werden.“ Die DFL zeigte sich in Anwesenheit von Tobias Kaufmann, Direktor Kommunikation, begeistert von Initiativen wie „Wer hetzt, verliert!“. „Wir werden als Netzwerk der Klubs unterstützend dabei sein. Letztlich geht es darum, was wir in der analogen Welt schaffen, auch in der virtuellen Welt hinzubekommen.“ Wie das gelingen kann, skizzierten Gerd M. Dembowski, Senior Manager für Vielfalt und Antidiskriminierung in der FIFA-Abteilung Menschenrechte & Antidiskriminierung, und Dr. Tinusch Jalilvand, Rechtsanwalt und Universitätsdozent.
Den Abschluss bildete die Keynote von Almuth Schult, Fußballtorhüterin und TV-Expertin. Sie beschrieb zunächst die Vorteile von Sozialen Netzwerken. Eine Welt, in der alles möglich sei. Stichwort „Ohne Grenzen“. Doch dies lasse sich auch negativ auslegen, es geht in die Anonymität. „Persönlich würde mir sowas vermutlich keiner ins Gesicht sagen.“ Schult erzählte von ihren Erfahrungen als TV-Expertin für die ARD, positiv wie negativ, und wie sie gelernt hat, damit umzugehen.
Schult sei überzeugt davon, nicht nur die Auswirkungen minimalisieren zu müssen, sondern an der Ursache anzusetzen. „Für so etwas brauchen wir Vorbilder. Vorbilder, die wir hier diese Diskussion führen. Vorbilder wie den VfL Bochum, der so etwas ins Leben ruft, darüber spricht und Aufklärung schafft. Wir reden darüber, dass wir dem Fußball Respekt und Fairness mit einhauchen wollen. Aber wie bekommen wir unsere Werte, die wir leben wollen, nicht nur auf den Fußballplatz, sondern auch in die Sozialen Netzwerke?“ Dafür brauche es Ansprechpartner, Seminare – und ein Aufzeigen von Konsequenzen.
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."