11-16-2025, 08:45 PM
Vor der Mitgliederversammlung des VfL Bochum ziehen die Vorstände Luthe, Villis und Grönemeyer im Exklusiv-Interview Bilanz und erklären umstrittene Maßnahmen.
Der Wahlkampf war heftig im Sommer, nach dem sich das „Team Zukunft“ beim VfL Bochum mit vielen neuen Kräften gegen das Team „Wir für den VfL“ durchsetzte. Dem Abstieg folgte ein vereinshistorischer Fehlstart in der 2. Liga. Der Klub trennte sich von vielen Spitzenkräften wie Trainer Dieter Hecking und Geschäftsführer Dirk Dufner. Seit Oktober geht es unter Coach Uwe Rösler, der vier Siege in fünf Pflichtspielen holte, wieder bergauf. Der VfL ist nun Tabellendreizehnter mit 13 Punkten.
Am Dienstag steigt die Mitgliederversammlung des VfL (19 Uhr, RuhrCongress, WAZ-Liveticker). Der Vorstandsvorsitzende Andreas Luthe (38) und seine Stellvertreter Hans-Peter Villis (67) und Till Grönemeyer (46) bilden den Vorstand des Vereins. Mit Villis an der Spitze führen sie zudem den neunköpfigen Aufsichtsrat der seit 2018 ausgegliederten Profiabteilung (KGaA) an, der bei allen wesentlichen Maßnahmen entscheidend ist.
Luthe, Grönemeyer und Villis über Probleme und Lösungen
Ex-Profi Luthe, der Unternehmer Grönemeyer - beide neu im präsidialen Geschäft - und der langjährige VfL-Chef Villis erklären im großen Interview dieser Redaktion die Hürden und Taten ihrer ersten Monate, ihre Pläne und nehmen Stellung zu kritischen Themen wie etwa der neuen Besetzung des Wirtschaftsrates.
Im ersten Teil sprechen sie auch zum Thema (fehlender) Transparenz und zum Stand bei der Einbindung von KI. Im zweiten Teil, der am Montagmorgen (5 Uhr) hier erscheint, geht es unter anderem um den Stand bei der Investorensuche und beim Stadionausbau sowie ihre Haltung zum Antrag auf Einzelwahl des Präsidiums.
Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?
Andreas Luthe: Es ist das eingetreten, was wir als Kernthema im Wahlkampf hatten. Der Abstieg hatte und hat enorme Konsequenzen, er bringt einen Verein unter Zwang. Dass die Herausforderung aufgrund des Misserfolgs in der 2. Liga mit drei Punkten aus acht Spielen so drastisch wird, war in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. Das hat existenzielle Auswirkungen für den Klub. Aber wir sind im Präsidium und Aufsichtsrat als Team nochmal zusammengewachsen. Wenn man zusammenhält, kann man auch schwierig erscheinende Dinge geradebiegen. Mit Uwe Rösler als Trainer und unserer neuen Sportlichen Leitung ist die sportliche Struktur wieder gegeben. Vor wenigen Wochen war das Stimmungsbild noch ein ganz anderes – das zeigt auch einmal mehr, wie schnelllebig es im Fußball mitunter zugehen kann.
Hans-Peter Villis: Wir führen einen Verein mit über 33.000 Mitgliedern, die KGaA macht einen Umsatz von rund 90 Millionen Euro in der Bundesliga. Wir sind mehr als ein Fußballverein, wir sind ein Wirtschaftsbetrieb. Das haben bei uns alle inhaliert, ich gebe meine Erfahrung, die ich in verschiedenen Positionen in der Vergangenheit machen durfte, dabei gerne weiter. Wir haben auch in den letzten Jahren nicht alles falsch gemacht, sondern hatten leider eine Zeit, in der die Vereinsführung nicht mehr harmoniert hat. Das hat sich geändert, wir sind ein Team. Die Rollen sind dabei klar definiert.
Sie sind neu im Fußballgeschäft, Herr Grönemeyer.
Till Grönemeyer: Es gibt viele Themen, die auf einen einprasseln. Etwa Digitalisierung, Talentförderung, Finanzen, Vermarktung. Ich möchte betonen: Der VfL ist an vielen Stellen sehr gut aufgestellt. Es gibt aber auch Bereiche, die wir für die Professionalisierung noch anstoßen können. Das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen funktioniert, sondern einfach längere Zeit, womöglich ein paar Jahre braucht. Wir sind aber überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Andreas Luthe: Kurzfristigkeit hat viel Zeit gekostet
Luthe: Im Fußball geht es aufgrund der erwähnten Schnelllebigkeit oft darum, Kurzfristiges zu händeln, aber man darf die langfristigen Strategien nicht aus den Augen verlieren. Das haben wir gut hinbekommen, auch wenn die Kurzfristigkeit bisher leider mehr Zeit in Anspruch genommen hat als geplant.
Sie wollen als Präsidium Sparringspartner sein, der Aufsichtsrat ist ein Kontrollorgan der KGaA. Manche behaupten, der Einfluss der Gremien sei zu groß geworden.
Grönemeyer: Gerade wenn es brennt, ist der Aufsichtsrat gefordert, die richtigen Weichen zu stellen. Sparringspartner zu sein heißt, gemeinsam zu schauen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Wenn der gefunden ist, kann man das Operative wieder mehr laufen lassen.
Und jetzt kann man Ilja Kaenzig, als alleiniger Geschäftsführer der hauptamtliche Chef des VfL, und sein Team laufen lassen?
Grönemeyer: Genau.
Luthe: Es wäre das falsche Signal, wenn man sich in schwierigen Zeiten aus der Verantwortung zieht. Der Austausch mit Ilja Kaenzig und der Geschäftsleitung ist hochprofessionell und zielführend. Die Verpflichtung von Uwe Rösler hat gezeigt, wie gut es laufen kann, wenn alle eng zusammenarbeiten.
Personell und strukturell hat sich viel verändert seit Ihrer Wahl: neuer Trainer, neue Sportführung etwa. War im Juni so viel so schlecht?
Luthe: Beim VfL arbeiten hervorragende, top-ausgebildete Menschen, wir geben nur Strukturen vor. Natürlich muss man sich aneinander gewöhnen. Diesen Prozess haben wir zügig vorangetrieben, er ist jetzt weitestgehend abgeschlossen. Eines unserer wichtigsten Themen ist das Kaderwertmanagement. Wir müssen unsere Transfererlöse steigern. Das ist ein Projekt, das über Jahre wachsen muss. Aktuell gehören wir noch zu den Schwachen. Aber wir sind für vier Jahre gewählt. Die Langfristigkeit ist für uns als Gremium entscheidend. Da spielen Transfererlöse, finanzielle Stabilität, Stadionmodernisierung, Digitalisierung zentrale Rollen. An den Ergebnissen lassen wir uns nach vier Jahren gerne messen.
Grönemeyer: Letzten Jahre haben den VfL Bochum etwas zerpflückt
Grönemeyer: Durch den Abstieg und den Zweitliga-Fehlstart ist die Angst vieler Mitarbeiter spürbar gewesen. Die letzten zwei intensiven Jahre mit der negativen sportlichen Entwicklung und vielen ungeplanten Personalentscheidungen haben den Verein an verschiedensten Stellen etwas zerpflückt. Das muss wieder zusammengeführt werden. Das Wichtigste ist, dass jetzt wieder Ruhe eingekehrt ist und alle wissen, wohin die Reise geht.
Stehen Sie denn auch mit Ihren unterlegenen Vorgängern wie Ex-Chef Uwe Tigges im Austausch?
Luthe: Ich hatte jetzt häufiger Kontakt mit Uwe Tigges und Martin Volpers, bei den Heimspielen etwa, aber auch telefonisch. Jede Idee ist uns willkommen, von jedem Mitglied. Die beste Idee soll sich immer durchsetzen.
Ein Wahlversprechen hieß: mehr Transparenz. Ein Brief an die Mitglieder zur Erweiterung des Aufsichtsrates war einigen zu inhaltslos. Für Wirbel sorgte die lange verheimlichte Vertragsverlängerung mit Philipp Hofmann.
Luthe: Es ist nachzuvollziehen, dass er vielleicht etwas mehr Rückendeckung und die Fans mehr Klarheit erwartet hätten. Das ist aber kein präsidiales Thema. Bei der Erweiterung des Aufsichtsrates haben wir schon vor der Wahl mit sehr offenen Karten gespielt, dass wir den Rat für wichtige Themen aufstocken wollen. Das haben wir mit Oliver Bartkowski, Benedikt Steffen und Lars Lammert getan. Wir arbeiten weiter hart daran, dass die Mitglieder immer gut informiert sind. Der Prozess ist aber sicher noch nicht abgeschlossen.
Datenscouting mit KI: Rösler-Verpflichtung beispielhaft
Ein Ziel war die Einbindung von Künstler Intelligenz. Warum ist Ihnen KI so wichtig?
Till Grönemeyer: Der VfL Bochum hat Nachholbedarf in der digitalen und datenbasierten Strategie. Das heißt allerdings nicht, wie es oft kolportiert wurde, dass bei uns KI künftig über allem steht. Ich komme aus der Medizinbranche. Da fängt die KI an, die Diagnosen zu unterstützen, weil der Mensch nicht 30 bis 40 Parameter ins Verhältnis setzen kann. Das gilt ein Stück weit auch im Fußball. Wenn ich 40, 50 Datenpunkte eines Spielers habe, kann der menschliche Verstand sie nicht mehr in die Relation setzen nach dem Motto ‚Er kann dann gut sein, wenn…‘ Die Aufgabe ist: Wie kriegen wir diesen technischen Scout zu unseren Scouts on top?
Können Sie das näher erläutern?
Grönemeyer: Der VfL kann sich Transfers, die nicht funktionieren, nicht leisten. Daher müssen wir versuchen, Fehler in diesem Bereich zu minimieren. Auch deswegen wurde Markus Brunnschneider als Datenexperte mit in die sportliche Führung genommen. Ilja Kaenzig, Simon Zoller (Leiter Performance Lizenz/die Redaktion), Markus Brunnschneider bauen eine Datenstruktur auf, die zumindest Benchmark sein soll für viele andere Vereine. Sie hilft uns, besser, erfolgreicher, schneller Spieler zu finden. Trotzdem muss der Spieler noch vor Ort beobachtet sowie in Gesprächen auf Mentalität und Charakter überprüft werden – von Menschen, nicht von einer Maschine.
Auch bei der Trainersuche nach einem Nachfolger für Dieter Hecking spielte KI bereits eine Rolle.
Andreas Luthe: Das Scouting von Uwe Rösler ist ein perfektes Beispiel, wie es in Zukunft auch mit Spielern laufen kann. Uwe ist in Deutschland völlig unter dem Radar gelaufen. Wenn man sich aber die Daten anschaut, fällt er auf. Dann geht man persönlich in den Eins-zu-Eins-Austausch, bei dem es in diesem Fall auch gleich hervorragend gepasst hat. Das Einbinden des Datenscoutings ist alternativlos.
Ist ein System installiert?
Grönemeyer: Wir arbeiten eng mit ‚Plaier‘ zusammen. Markus Brunnschneider bringt weitere Spezialtools mit.
Luthe: Plaier ist als erster externer Partner in der Testphase beim VfL und kostengünstig. Das ganze Thema ist bislang deutlich günstiger als ein Mitarbeiter in Vollzeit.
Hat die KI denn Spieler gefunden, die im Winter kommen könnten – und bezahlbar sind?
Luthe: Es gibt eine klare Rollenverteilung. Wir haben volles Vertrauen in die neue Sportführung. Ilja Kaenzig hat mehrmals gesagt, dass der VfL im vergangenen Sommer finanziell ins Risiko gegangen ist. Das können wir unterstreichen.
Quelle: WAZ.de
Der Wahlkampf war heftig im Sommer, nach dem sich das „Team Zukunft“ beim VfL Bochum mit vielen neuen Kräften gegen das Team „Wir für den VfL“ durchsetzte. Dem Abstieg folgte ein vereinshistorischer Fehlstart in der 2. Liga. Der Klub trennte sich von vielen Spitzenkräften wie Trainer Dieter Hecking und Geschäftsführer Dirk Dufner. Seit Oktober geht es unter Coach Uwe Rösler, der vier Siege in fünf Pflichtspielen holte, wieder bergauf. Der VfL ist nun Tabellendreizehnter mit 13 Punkten.
Am Dienstag steigt die Mitgliederversammlung des VfL (19 Uhr, RuhrCongress, WAZ-Liveticker). Der Vorstandsvorsitzende Andreas Luthe (38) und seine Stellvertreter Hans-Peter Villis (67) und Till Grönemeyer (46) bilden den Vorstand des Vereins. Mit Villis an der Spitze führen sie zudem den neunköpfigen Aufsichtsrat der seit 2018 ausgegliederten Profiabteilung (KGaA) an, der bei allen wesentlichen Maßnahmen entscheidend ist.
Luthe, Grönemeyer und Villis über Probleme und Lösungen
Ex-Profi Luthe, der Unternehmer Grönemeyer - beide neu im präsidialen Geschäft - und der langjährige VfL-Chef Villis erklären im großen Interview dieser Redaktion die Hürden und Taten ihrer ersten Monate, ihre Pläne und nehmen Stellung zu kritischen Themen wie etwa der neuen Besetzung des Wirtschaftsrates.
Im ersten Teil sprechen sie auch zum Thema (fehlender) Transparenz und zum Stand bei der Einbindung von KI. Im zweiten Teil, der am Montagmorgen (5 Uhr) hier erscheint, geht es unter anderem um den Stand bei der Investorensuche und beim Stadionausbau sowie ihre Haltung zum Antrag auf Einzelwahl des Präsidiums.
Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?
Andreas Luthe: Es ist das eingetreten, was wir als Kernthema im Wahlkampf hatten. Der Abstieg hatte und hat enorme Konsequenzen, er bringt einen Verein unter Zwang. Dass die Herausforderung aufgrund des Misserfolgs in der 2. Liga mit drei Punkten aus acht Spielen so drastisch wird, war in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar. Das hat existenzielle Auswirkungen für den Klub. Aber wir sind im Präsidium und Aufsichtsrat als Team nochmal zusammengewachsen. Wenn man zusammenhält, kann man auch schwierig erscheinende Dinge geradebiegen. Mit Uwe Rösler als Trainer und unserer neuen Sportlichen Leitung ist die sportliche Struktur wieder gegeben. Vor wenigen Wochen war das Stimmungsbild noch ein ganz anderes – das zeigt auch einmal mehr, wie schnelllebig es im Fußball mitunter zugehen kann.
Hans-Peter Villis: Wir führen einen Verein mit über 33.000 Mitgliedern, die KGaA macht einen Umsatz von rund 90 Millionen Euro in der Bundesliga. Wir sind mehr als ein Fußballverein, wir sind ein Wirtschaftsbetrieb. Das haben bei uns alle inhaliert, ich gebe meine Erfahrung, die ich in verschiedenen Positionen in der Vergangenheit machen durfte, dabei gerne weiter. Wir haben auch in den letzten Jahren nicht alles falsch gemacht, sondern hatten leider eine Zeit, in der die Vereinsführung nicht mehr harmoniert hat. Das hat sich geändert, wir sind ein Team. Die Rollen sind dabei klar definiert.
Sie sind neu im Fußballgeschäft, Herr Grönemeyer.
Till Grönemeyer: Es gibt viele Themen, die auf einen einprasseln. Etwa Digitalisierung, Talentförderung, Finanzen, Vermarktung. Ich möchte betonen: Der VfL ist an vielen Stellen sehr gut aufgestellt. Es gibt aber auch Bereiche, die wir für die Professionalisierung noch anstoßen können. Das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen funktioniert, sondern einfach längere Zeit, womöglich ein paar Jahre braucht. Wir sind aber überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Andreas Luthe: Kurzfristigkeit hat viel Zeit gekostet
Luthe: Im Fußball geht es aufgrund der erwähnten Schnelllebigkeit oft darum, Kurzfristiges zu händeln, aber man darf die langfristigen Strategien nicht aus den Augen verlieren. Das haben wir gut hinbekommen, auch wenn die Kurzfristigkeit bisher leider mehr Zeit in Anspruch genommen hat als geplant.
Sie wollen als Präsidium Sparringspartner sein, der Aufsichtsrat ist ein Kontrollorgan der KGaA. Manche behaupten, der Einfluss der Gremien sei zu groß geworden.
Grönemeyer: Gerade wenn es brennt, ist der Aufsichtsrat gefordert, die richtigen Weichen zu stellen. Sparringspartner zu sein heißt, gemeinsam zu schauen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Wenn der gefunden ist, kann man das Operative wieder mehr laufen lassen.
Und jetzt kann man Ilja Kaenzig, als alleiniger Geschäftsführer der hauptamtliche Chef des VfL, und sein Team laufen lassen?
Grönemeyer: Genau.
Luthe: Es wäre das falsche Signal, wenn man sich in schwierigen Zeiten aus der Verantwortung zieht. Der Austausch mit Ilja Kaenzig und der Geschäftsleitung ist hochprofessionell und zielführend. Die Verpflichtung von Uwe Rösler hat gezeigt, wie gut es laufen kann, wenn alle eng zusammenarbeiten.
Personell und strukturell hat sich viel verändert seit Ihrer Wahl: neuer Trainer, neue Sportführung etwa. War im Juni so viel so schlecht?
Luthe: Beim VfL arbeiten hervorragende, top-ausgebildete Menschen, wir geben nur Strukturen vor. Natürlich muss man sich aneinander gewöhnen. Diesen Prozess haben wir zügig vorangetrieben, er ist jetzt weitestgehend abgeschlossen. Eines unserer wichtigsten Themen ist das Kaderwertmanagement. Wir müssen unsere Transfererlöse steigern. Das ist ein Projekt, das über Jahre wachsen muss. Aktuell gehören wir noch zu den Schwachen. Aber wir sind für vier Jahre gewählt. Die Langfristigkeit ist für uns als Gremium entscheidend. Da spielen Transfererlöse, finanzielle Stabilität, Stadionmodernisierung, Digitalisierung zentrale Rollen. An den Ergebnissen lassen wir uns nach vier Jahren gerne messen.
Grönemeyer: Letzten Jahre haben den VfL Bochum etwas zerpflückt
Grönemeyer: Durch den Abstieg und den Zweitliga-Fehlstart ist die Angst vieler Mitarbeiter spürbar gewesen. Die letzten zwei intensiven Jahre mit der negativen sportlichen Entwicklung und vielen ungeplanten Personalentscheidungen haben den Verein an verschiedensten Stellen etwas zerpflückt. Das muss wieder zusammengeführt werden. Das Wichtigste ist, dass jetzt wieder Ruhe eingekehrt ist und alle wissen, wohin die Reise geht.
Stehen Sie denn auch mit Ihren unterlegenen Vorgängern wie Ex-Chef Uwe Tigges im Austausch?
Luthe: Ich hatte jetzt häufiger Kontakt mit Uwe Tigges und Martin Volpers, bei den Heimspielen etwa, aber auch telefonisch. Jede Idee ist uns willkommen, von jedem Mitglied. Die beste Idee soll sich immer durchsetzen.
Ein Wahlversprechen hieß: mehr Transparenz. Ein Brief an die Mitglieder zur Erweiterung des Aufsichtsrates war einigen zu inhaltslos. Für Wirbel sorgte die lange verheimlichte Vertragsverlängerung mit Philipp Hofmann.
Luthe: Es ist nachzuvollziehen, dass er vielleicht etwas mehr Rückendeckung und die Fans mehr Klarheit erwartet hätten. Das ist aber kein präsidiales Thema. Bei der Erweiterung des Aufsichtsrates haben wir schon vor der Wahl mit sehr offenen Karten gespielt, dass wir den Rat für wichtige Themen aufstocken wollen. Das haben wir mit Oliver Bartkowski, Benedikt Steffen und Lars Lammert getan. Wir arbeiten weiter hart daran, dass die Mitglieder immer gut informiert sind. Der Prozess ist aber sicher noch nicht abgeschlossen.
Datenscouting mit KI: Rösler-Verpflichtung beispielhaft
Ein Ziel war die Einbindung von Künstler Intelligenz. Warum ist Ihnen KI so wichtig?
Till Grönemeyer: Der VfL Bochum hat Nachholbedarf in der digitalen und datenbasierten Strategie. Das heißt allerdings nicht, wie es oft kolportiert wurde, dass bei uns KI künftig über allem steht. Ich komme aus der Medizinbranche. Da fängt die KI an, die Diagnosen zu unterstützen, weil der Mensch nicht 30 bis 40 Parameter ins Verhältnis setzen kann. Das gilt ein Stück weit auch im Fußball. Wenn ich 40, 50 Datenpunkte eines Spielers habe, kann der menschliche Verstand sie nicht mehr in die Relation setzen nach dem Motto ‚Er kann dann gut sein, wenn…‘ Die Aufgabe ist: Wie kriegen wir diesen technischen Scout zu unseren Scouts on top?
Können Sie das näher erläutern?
Grönemeyer: Der VfL kann sich Transfers, die nicht funktionieren, nicht leisten. Daher müssen wir versuchen, Fehler in diesem Bereich zu minimieren. Auch deswegen wurde Markus Brunnschneider als Datenexperte mit in die sportliche Führung genommen. Ilja Kaenzig, Simon Zoller (Leiter Performance Lizenz/die Redaktion), Markus Brunnschneider bauen eine Datenstruktur auf, die zumindest Benchmark sein soll für viele andere Vereine. Sie hilft uns, besser, erfolgreicher, schneller Spieler zu finden. Trotzdem muss der Spieler noch vor Ort beobachtet sowie in Gesprächen auf Mentalität und Charakter überprüft werden – von Menschen, nicht von einer Maschine.
Auch bei der Trainersuche nach einem Nachfolger für Dieter Hecking spielte KI bereits eine Rolle.
Andreas Luthe: Das Scouting von Uwe Rösler ist ein perfektes Beispiel, wie es in Zukunft auch mit Spielern laufen kann. Uwe ist in Deutschland völlig unter dem Radar gelaufen. Wenn man sich aber die Daten anschaut, fällt er auf. Dann geht man persönlich in den Eins-zu-Eins-Austausch, bei dem es in diesem Fall auch gleich hervorragend gepasst hat. Das Einbinden des Datenscoutings ist alternativlos.
Ist ein System installiert?
Grönemeyer: Wir arbeiten eng mit ‚Plaier‘ zusammen. Markus Brunnschneider bringt weitere Spezialtools mit.
Luthe: Plaier ist als erster externer Partner in der Testphase beim VfL und kostengünstig. Das ganze Thema ist bislang deutlich günstiger als ein Mitarbeiter in Vollzeit.
Hat die KI denn Spieler gefunden, die im Winter kommen könnten – und bezahlbar sind?
Luthe: Es gibt eine klare Rollenverteilung. Wir haben volles Vertrauen in die neue Sportführung. Ilja Kaenzig hat mehrmals gesagt, dass der VfL im vergangenen Sommer finanziell ins Risiko gegangen ist. Das können wir unterstreichen.
Quelle: WAZ.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."