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Dirk Dufner im Interview
#1
Im ersten Interview-Teil bestätigt Dirk Dufner, Sport-Geschäftsführer des VfL Bochum, den Abgang von Bernardo und spricht über die Stärkung der Jugend. 

Keine zwei Wochen ist Dirk Dufner als Sport-Geschäftsführer des VfL Bochum im Amt und schon steckt er bis zum Hals in Arbeit. Dennoch nimmt er sich Zeit für ein Gespräch, um seine Pläne für den Verein zu erklären. Obwohl die sportliche Situation angespannt ist, gibt sich der 57-Jährige betont gelassen und scherzt zunächst über Fußball-Reisen nach England. Im Interview spricht er dann über andere Länder – jene, aus denen er künftig Spieler an die Castroper Straße locken will. 

Herr Dufner, gut zwei Wochen sind Sie offiziell im Amt, Sie wollten sich ein Bild machen. Wie sieht dieses inzwischen aus?
Dirk Dufner: Ich habe mich sehr gefreut, mich einem sehr sympathischen Verein anschließen zu dürfen. Dieses Bild hat sich verfestigt, wenn ich sehe, mit welchem Elan die Mitarbeiter dabei sind und sich mit dem Verein identifizieren. Die drängenden Fragen betreffen den Profikader und den Kader im Unterbau. Das ist unsere Zukunft. Wir müssen alles schnellstmöglich auf den Weg bringen. Ich bin noch mittendrin und muss priorisieren. 

Sie haben bei Ihrem Antritt gesagt, Sie wollen die DNA des VfL Bochum schärfen. Wie sieht die genau aus?
Als Außenstehender war der VfL immer ein Verein, der sich seine Punkte erarbeitet hat. Man wusste immer, dass es hier unangenehm wird als Auswärtsmannschaft. Es ist eine intensive Atmosphäre, hier wird Fußball gearbeitet, die Menschen leben den Fußball. Dieser Stil ist der traditionelle Teil der DNA. Den Teil mit der eigenen Jugend will ich schärfen. Die Jungs wachsen hier auf, wissen, wie die Menschen Fußball leben und erleben. Das nehmen die Jungs mit in die Profi-Kabine. Spieler von außerhalb haben das in der Form prinzipiell nicht. Wir wollen Jungs im Kader haben, die diese DNA in die Mannschaft bringen. 

Ilja Kaenzig hatte gesagt, dass man diesen Weg verlassen habe. Stimmen Sie zu?
Ich glaube, dass es Ansätze gibt, bei denen wir griffiger werden können. Wir dürfen nicht 0:4 gegen Stuttgart verlieren und denen hat am Ende nichts wehgetan. Die Gegner müssen wieder Angst haben, hier zu spielen. Wir müssen sicherlich über die Zusammenstellung und Kriterien des Kaders nachdenken. Wir haben aus meiner Sicht zu wenig Geschwindigkeit. Und: Haben wir genügend Führungsspieler? Das müssen wir überprüfen. Wir haben nicht viel Zeit, wissen nicht, in welcher Liga wir spielen. Andere Clubs sind viel weiter in der Planung, wir können aufgrund der genannten Ungewissheit zunächst nur nach Spielern schauen, die ablösefrei sind. Das macht die Planung auf jeden Fall anspruchsvoll.

Sind Sie flexibel genug, um auch lange zu warten?
Man muss cool bleiben. Das Ziel ist es aber, den Kader so schnell wie möglich zusammenzuhaben. Auch für den Trainer ist das besser, weil er Dinge einstudieren kann. Wir müssen aber abwarten, in welcher Liga wir spielen. Im Zweitligafall wäre die Fluktuation womöglich größer als beim Klassenerhalt.

Wie ist die Situation bei Bernardo?
Er wird uns aller Voraussicht nach verlassen – auch bei Klassenerhalt. Er will für sich den nächsten Schritt gehen und das müssen wir respektieren. 

Kaufoptionen gibt es für Myron Boadu und Jakov Medic. Werden Sie diese ziehen?
Das entscheiden wir nach der Saison. Grundsätzlich werden wir auch weiterhin Spieler ausleihen müssen. Unser Ziel wird sein, bei Leihen immer Kaufklauseln zu vereinbaren.

In der Kaderplanung muss beim VfL auch immer die knappe Kasse bedacht werden. Wie viel „Macht“ haben Sie, um auch mal einen Transfer durchzudrücken, wenn der Finanz-Geschäftsführer eher zögert?
Wir gehen hier extrem kommunikativ miteinander um und ich bin teamfähig. Wir werden uns über alles austauschen. Wenn wir die finanziellen Möglichkeiten nicht haben, dann akzeptiere ich es. Es wird aber sicher auch mal vorkommen, dass ich um etwas kämpfe (lacht). 

Möglichkeiten könnten Verkäufe von Ibrahima Sissoko und Tim Oermann ergeben.
Ab einem gewissen Preis ist jeder Spieler von uns verkäuflich. Alles andere wäre vermessen. In der Bundesliga hätten wir noch eher die Möglichkeit mal nein zu sagen. Aber in der Regel ist es doch so: Wenn man einem guten Spieler einen Transfer verwehrt, wird er die nächste Saison nicht besser. 

Wichtig in den Planungen für die neue Saison ist der Nachwuchsbereich. Wie wollen Sie den Übergangsbereich konkret stärken?
Grundsätzlich muss die Möglichkeit gegeben sein, dass talentierte Spieler gefördert werden und auch auf ihre Einsätze kommen und oben mittrainieren können. Wir müssen die Kommunikation in diesem Bereich verbessern, die Jungs brauchen einen konkreten Ansprechpartner. Das könnte auch ein Übergangstrainer sein, wofür jemand wie beispielsweise Toto Losilla infrage käme. Das würde Sinn ergeben, die Jungs kennen ihn seit zehn Jahren als Kapitän, als Führungsfigur. Genau in diesem Bereich, in dem die Unsicherheit groß ist, brauchen wir einen Ansprechpartner, weil sie dann Rückmeldungen bekommen. Dann werden die Jungs auch besser.

Wird die U21 eine Art Schattenteam der Profis?
Wenn wir mit der U21 in der Regionalliga spielen, können wir Verträge im Jugendbereich anders gestalten. Das wird es uns in Zukunft einfacher machen, Talente zu halten. Daher bin ich generell ein Freund zweiter Mannschaften. Dass viele Vereine sie abgeschafft haben, habe ich überhaupt nicht verstanden. Mit so einer Mannschaft kannst du junge Spieler viel besser an den Männerfußball gewöhnen. Die Regionalliga ist auch die richtige Liga, weil die Jungs viel mehr Erfolge feiern können. Das ist die optimale Ausbildungsliga.

Welche Rolle werden David Siebers und Heiko Butscher spielen?
Heiko Butscher hat eine wichtige Rolle als U21-Trainer, der in diesen Bereich miteinbezogen wird. David Siebers hat eine tolle U19 geformt, da sehen wir seine große Stärke, unsere Talente bei diesen Schritten zu begleiten. Er ist ein wichtiger Baustein, damit wir unsere Talente durchbringen. 

Werden Sie künftig auch im Jugendbereich höhere Ablösesummen für Talente bezahlen?
Wir wollen die Talente früh zu uns holen und bei uns ausbilden. Das geht nur mit gutem Scouting, die Konkurrenz mit Dortmund und Schalke im direkten Umfeld und in NRW ist groß. Wir können den Spielern aufzeigen, dass sie es hier schneller zu den Profis schaffen können. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir auch mal in ein besonderes Talent investieren werden. Unser Ziel muss sein, dass wir Talente betreuen, die wir später als Profis haben.

Quelle: WAZ.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der  VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."
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#2
Im zweiten Teil des Interviews spricht Dirk Dufner über die Förderung von Talenten, einen Vertrag von Dieter Hecking und den Kader der nächsten Saison.

Wird der Profi-Kader künftig mehr Plätze für Talente haben – wie zum Beispiel Kacper Koscierski?
Das ist die klare Aufgabe. Wenn wir ein Talent haben, müssen wir dafür sorgen, dass es auf Einsatzzeiten kommt, dabei aber nicht verheizt wird. Die Kaderplanung muss so aussehen, dass Koscierski sich zum Beispiel reinspielen kann, aber nicht zugebaut wird. Da ist auch der Trainer gefragt.

Zwei Spieler haben aus dem Nachwuchsbereich bereits einen Profivertrag unterschrieben. Wer folgt? Owono-Darnell Keumo?
Das ist ein sehr interessanter Junge, bei dem wir schnell versuchen werden, ihn zu binden und in den Profibereich zu bringen. Wir sprechen auch mit den anderen Spielern und ich bin zuversichtlich, dass wir bald weitere Verträge verkünden können. Die Jungs sind dann vor allem für die U21 eingeplant, sollen sich aber bei den Profis zeigen. Es wird darum gehen, wie wir sie am besten fördern, wo sie am meisten Spielpraxis bekommen. Die Kommunikation zwischen allen Trainern muss gut sein und die Jungs müssen es sich verdienen. Es wird keine Automatismen geben, dass die Jungs oben mittrainieren. Der Leistungsgedanke muss da sein.

Waren Sie bei Luc Dabrowski, der zum 1. FC Köln wechselt, dabei zu spät?
Ich konnte wenig Einfluss nehmen, habe noch einmal alles versucht. Aber er hatte sich schon länger entschieden, einen anderen Weg zu gehen, obwohl wir ihm eine Perspektive aufgezeigt haben. Wir werden intensiv daran arbeiten, die jungen Spieler besser von den Vorzügen des VfL Bochum zu überzeugen. Wir müssen ihnen den Weg ebnen, hier Profi zu werden. Der Verein ist auf einem guten Weg, den ich aber noch verbessern will. 

Bei all dem spielt der Cheftrainer eine wichtige Rolle. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Dieter Hecking auch im Abstiegsfall bleibt?
Das kann nur er beantworten. Es hängt sicher auch davon ab, wie wir dann abgestiegen wären. Erst einmal konzentrieren wir uns alle ohnehin auf den Klassenerhalt. Dann stellt sich diese Frage nicht.

Für Sie ist es die nächste Baustelle, sollte Hecking den Verein bei einem Abstieg verlassen.
Ich muss mich auf alle Eventualitäten vorbereiten und mir meine Gedanken machen, wer hier hinpassen würde. Ein Trainer muss bei uns gewisse Kriterien erfüllen, er muss auf jeden Fall auf Talente setzen. 

Größte Baustelle bleibt der Kader. Welche Kriterien sind wichtig?
Idealerweise haben wir eine Achse: Einen zentralen Abwehrchef, der kommuniziert und den Laden zusammenhält. Wir brauchen einen zentralen Mittelfeldspieler und einen Stürmer, auf den du dich verlassen kannst. Man sieht es in der zweiten Liga: Für Mannschaften mit Topstürmern erhöht sich die Chance des Aufstiegs. So einen Stürmer brauchen wir neben Philipp Hofmann. Das wird schwer, aber das ist das Ziel.

Schwierige Charaktere werden von vornherein ausgeschlossen?
Manchmal ist es gar nicht schlecht, solch einen Spieler zu haben. Einschränkung: Wenn die Mannschaft funktioniert. Man sollte sich daher im Vorfeld genau einen Eindruck machen, was man von Spielern bekommt. Daher bin ich ein Freund vom Vor-Ort-Scouting. Natürlich ist Daten-Scouting wichtig. Aber man bekommt viel mit, wenn man im Stadion sitzt und alles rund um den Spieler wahrnimmt. 

Welche Rolle wird in diesem Zusammenhang die Scouting-Abteilung des VfL spielen?
Es läuft nicht alles rund. Ich erwarte, dass Scouts umsetzen, was man ihnen vorgibt. Ich erwarte aber auch Eigenständigkeit. Mir ist wichtig, dass ein Scout auch Entscheidungen trifft und zu seiner Meinung steht. Sie sollen aktiv und kommunikativ sein. Wir müssen klare Kriterien entwickeln.

Bleiben die Kernmärkte in den Nachbarländern?
Ja. Wir werden nicht in Südamerika oder Afrika scouten. Sowas geht übers Netzwerk. Kernmarkt ist Deutschland, dann kommen die Nachbarländer. Wir können uns nicht erlauben, Scouts beispielsweise durch Asien jagen. Das kann man punktuell machen. Scouting bedeutet aber, permanent vor Ort sein, die Spieler persönlich kennenzulernen.

Wie versuchen Sie persönlich Spieler vom VfL Bochum zu überzeugen?
Wir müssen die Spieler davon überzeugen, dass dieser Verein besonders ist. Guckt euch das Stadion und die Stimmung an! Es ist familiär und trotzdem hochemotional. Es gibt bei jedem Spieler Kriterien, mit denen man sie individuell locken kann. Eines muss sein: Wir sind einer von 18 Bundesligisten. Am Ende ist aber immer das finanzielle Gesamtpaket entscheidend. Daher ist ein gutes Scouting wichtig, um Spieler zu finden, die andere noch nicht so auf dem Schirm haben.

Muss die schwarze Null gestrichen werden, muss der VfL mehr Geld investieren?
Ganz klar: Nein. Wir müssen uns mehr Geld durch eine gute Nachwuchsarbeit erwirtschaften. Dann können wir auch mehr ausgeben. Man kann auch mal ins Risiko gehen, wenn man einen ganz besonderen Spieler bekommen kann. Das sollte aber die Ausnahme sein. Das wurde von Anfang an auch klar besprochen. 

Noch ist der VfL Bundesligist. Was macht Ihnen Hoffnung, dass es so bleibt?
Realistisch ist der Relegationsplatz, umso mehr schmerzt die Niederlage gegen Augsburg. Aber sie macht auch Hoffnung. Aufgrund der Leistung sehen wir, dass wir eine gute Mannschaft beherrschen können. Das macht mir Mut, dass wir auch in Bremen bestehen können. Die Partie gegen Union Berlin ist immens wichtig, das Spiel in Heidenheim wohl ein Schlüsselspiel. Wir haben es in der eigenen Hand. 

Tritt das Worst-Case-Szenario Abstieg ein, kann der VfL Bochum direkt wieder aufsteigen?
Das muss das Ziel sein. 

Idealerweise bleibt Bochum drin. Werden Sie dann wieder gegen den Abstieg spielen?
Realistisch betrachtet, ja. Wir sind bei Investitionen in den Kader eher hinten. Daher würde der Kampf um den Klassenerhalt das tägliche Brot bleiben. Zumal mit dem HSV und Köln vermutlich zwei Vereine hochkommen, die sofort einen höheren Etat haben würden als wir.

Sie haben einmal gesagt, die Bundesliga sei „zerstörerisch“. Schon vor Antritt beim VfL gab es Kritik. Wie gehen Sie heutzutage damit um?
Ich lese weniger. Man darf nicht alles an sich heranlassen. Berechtigte Kritik nehme ich an. Hertha BSC zum Beispiel war eine spezielle Geschichte. Als wir anfingen, war kein Geld mehr da. Wir mussten erst einmal Spieler von der Payroll bringen und konnten nicht richtig planen, sondern eher das Geld zusammenhalten. Wir waren am Ende nur Problembewältiger.

Quelle: WAZ.de
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#3
Noch ist alles Theorie, die Frage ist, ob und wie Duffner das in die Praxis umsetzt bzw. umsetzen kann, wird erst die Zukunft zeigen. Ich wünsche ihm jedenfalls viel Glück, Erfolg, und ein goldenes Händchen.
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