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Holtmann: Darum würde ich nie zu Schalke 04 wechseln
#1
Im Interview spricht Gerrit Holtmann über seine Rückkehr zum VfL Bochum, seine Verbundenheit zum Verein und den Zweitliga-Auftakt. 

Einmal muss sich Gerrit Holtmann beim Pressesprecher des VfL Bochum absichern. „Ich rede zu viel, oder?“, fragt er, nachdem er gut eine halbe Stunde im Interview mit dieser Redaktion zusammen gesessen hatte. Tat er nicht, auf erfrischend ehrliche Art und Weise hatte sich der Publikumsliebling nach dem Abendessen Zeit genommen, um zu erklären, warum er sich nach dem Abstieg zunächst verabschiedet hatte – und nun doch weiterhin in Blau-Weiß auflaufen wird. Zudem erklärt er, dass er seine Deutschland-Karriere als Profispieler an der Castroper Straße beenden wird und warum er nie zum Leben zum FC Schalke 04 wechseln könnte. 

Gerrit Holtmann, Sie hatten sich bereits verabschiedet, sind aber doch beim VfL Bochum geblieben. Woher kam der Sinneswandel?
Holtmann: In meinem Urlaub bekam ich eine Nachricht von Dirk Dufner, kurz darauf einen Anruf von Dieter Hecking. Beide Seiten haben sich wieder angenähert, sodass ich glücklich bin, diesen Schritt unternommen zu haben. Im Trainingslager habe ich mich auch mit den Fans vor Ort unterhalten und dabei den Eindruck gehabt, dass sie sich freuen, dass ich geblieben bin, da sie in mir wohl eine Art Identifikationsfigur sehen, weil ich schon so lange im Verein bin. So etwas freut mich sehr, weil ich mich voll mit dem VfL identifiziere. 

Ein klassischer Neuzugang sind Sie also nicht.
Ich fühle mich auch nicht als einer, aber die Mannschaft hat es gut ausgenutzt – ich musste noch einmal einen Einstand bezahlen (lacht). 

Nach der Unterschrift gab es Stimmen, sie hätten auf einen besseren Vertrag spekuliert und dies sei der Grund für die Rückkehr gewesen. Kränkt es Sie?
Fans machen sich immer viele Gedanken und stellen Vermutungen an. Um es klarzustellen: Es geht mir beim VfL nicht darum, finanziell das Bestmögliche herauszuholen. Ich weiß, was ich an diesem Verein habe. Der Kontakt ist auch während meiner kurzen Abwesenheit nicht abgerissen. Ich habe die Transferaktivitäten verfolgt und dann auch bei der Veröffentlichung des Spielplans genau darauf geschaut, wann und wo der VfL spielt. Am dritten Spieltag gegen Schalke – da habe ich mir direkt gedacht, dass ich bei diesem Highlight-Spiel dabei sein will. Und zwar nur für den VfL Bochum. Ich könnte mir beispielsweise nicht vorstellen, zum FC Schalke 04 zu wechseln. Das könnte ich unseren Fans nicht antun. Da habe ich klare Prinzipien. Genauso, wie ich mal eine Anfrage von Hannover 96 hatte. Aber als ehemaliger Braunschweiger ging das nicht. Der VfL Bochum wird wohl meine letzte Station in Deutschland sein.

Wie lange wollen Sie denn noch spielen?
Ich hoffe, bis ich 38 bin. (lacht) Also wie Anthony Losilla. Wobei der von seiner Fitness definitiv noch hätte weiterspielen können. Was der hier als Co-Trainer für Läufe abreißt, mein lieber Scholli! Der Mann ist unglaublich fit. Und er hat seine neue Rolle direkt voll angenommen. Er redet viel, gibt viele Tipps. Ich habe das Gefühl, dass er das schon seit zehn Jahren macht. 

Herrn Losilla müssen Sie ihn aber noch nicht nennen?
Nein (lacht). Dafür kenne ich ihn zu lange. Er trägt ja auch nur eine andere Shirt-Farbe als wir Spieler. 

Wird er der Mannschaft fehlen?
Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass wir nun Toto und auch Cristian Gamboa ersetzen müssen. Das sind einfach zwei spezielle Typen, die diesen Verein geprägt haben. Sie haben sich mit allen verstanden, haben die Fans komplett hinter sich gehabt. Gambos „Drei Punkte, drei Bier“ – und der gesamte Block ruft mit. Das erlebt man nicht häufig. Mit ihrer Art haben sie alle mitgerissen. In diese Lücken können und müssen nun andere Spieler reinwachsen. Wir haben einige Jungs dabei, die das können.

Das Team ist jünger geworden, Dieter Hecking will aktiveren Fußball spielen. Wird das funktionieren?
Davon bin ich überzeugt! Wir müssen es schaffen, dass die jungen Spieler sich vor nichts fürchten. Die drehen hier richtig auf. Wenn ich beispielsweise Cajetan Lenz sehe: Der hat eine Ruhe am Ball, scheut sich vor keinem Zweikampf. Er zeigt, dass er dabei sein will. Solche Jungs brauchen wir. Aktuell fehlt uns noch etwas die Durchschlagskraft, wir müssen noch mehr Tiefenläufe anbieten. Diese Probleme haben aber auch Spitzenteams wie beispielsweise Paris Saint-Germain im Finale der Klub-WM. Ich bin aber zuversichtlich, dass mit mir unserer Gradlinigkeit, dem Ballbesitz und unseren Spielertypen die Gegner zermürben können.

Dafür braucht es eine gewisse Fitness.
Die haben wir in dieser Saison, anders als im Vorjahr. So ehrlich müssen wir sein. Dieter Hecking hat in den ersten Wochen viel Wert auf Konditionsarbeit gelegt. In der vergangenen Saison haben wir die Spielfitness viel zu spät erarbeitet. Diesen Sommer sind wir weiter. 

Ein Kritikpunkt am Kader lautet, dass Flügelspieler fehlen würden. Wie sehen Sie das als einer, der diese Position spielen soll?
Ich verstehe die Fans, die im Sommer gern sofort neue Spieler sehen wollen. Aber wir haben Flügelspieler im Kader, zudem haben wir viele neue Spieler dabei. Und nur zur Erinnerung: Ich kam damals auch erst in der letzten Augustwoche nach Bochum.

Wie sehen Sie Ihre Rolle in dem Kader?
Wir haben eine Konkurrenzsituation auf jeder Position. Die braucht es auch. Es kann sich keiner ausruhen. Ich will auf den Flügeln spielen, dafür gebe ich Gas. Ich weiß noch, wie ich damals als Jugendspieler gestandenen Spielern den Stammplatz streitig gemacht habe. Die Jungs müssen sich aber anstrengen, damit sie mich verdrängen können. 

Sie waren zuletzt verletzungsanfällig. Sind die Muskelprobleme ausgeräumt?
Ich hatte aufgrund der fehlenden Spielpraxis in der vergangenen Saison kleinere Probleme. Deshalb mache ich Sonderschichten – im Verein, aber auch privat. Ich weiß, dass ich meinen Körper noch optimieren kann. 

Sie haben zu Beginn gesagt, dass Sie in Deutschland wohl nur noch für den VfL Bochum spielen werden. Wo geht es danach hin?
Mich reizen die Philippinen. Oder Thailand. Im asiatischen Raum entwickelt sich fußballerisch gerade eine Menge. Das bekomme ich auch durch die philippinische Nationalmannschaft mit. Dort können sehr viele Spieler gut kicken. Dort gibt es zudem auch Geldgeber, weshalb sich dort etwas entwickeln kann.

Bis dahin wollen Sie aber noch mit Bochum überzeugen. Den Auftakt dafür bildet die Partie gegen Ihren Ex-Klub Darmstadt 98 am ersten Spieltag.
Das wird direkt ein harter Brocken. Da herrscht gute Stimmung, da müssen wir uns als Bundesliga-Absteiger direkt beweisen. Dann kommt Elversberg ins Vonovia Ruhrstadion. Ein Verein, der nach einer erfolgreichen Saison einen großen Umbruch zu bewältigen hat, es wird also eine Wundertüte. Natürlich wollen wir idealerweise mit neun Punkten aus den ersten drei Partien starten und im DFB-Pokal weiterkommen. Dafür müssen wir aber hart arbeiten und dürfen uns keine Fehler erlauben.

Das bedeutet auch: Derbysieg auf Schalke.
Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir die Partie zunächst zu Hause haben. Aber die Stimmung dort wird auch herausragend sein, es wird knistern. Wir haben zuletzt zwei Mal in der Bundesliga gegen Schalke verloren. Wir haben da noch eine Rechnung offen.

Wie schwierig wird eigentlich die Umstellung auf die neue Anstoßzeit?
Daran muss man sich erst einmal wieder gewöhnen, der Tagesablauf verschiebt sich. Wir werden früh viele Kalorien zu uns nehmen müssen, schon um zehn Uhr einen Teller Nudeln essen. (lacht) Aber das haben wir im Trainingslager ja schon geprobt, gegen Pilsen und jetzt gegen Waldhof Mannheim. Nicht nur wegen der Anstoßzeit: Die Saison wird in jedem Fall spannend.

Quelle: WAZ.de
Tradition ist nicht die Aufbewahrung von Asche, sondern die Weitergabe des Feuers
" Der  VfL kommt von der Castroper Strasse, und hier soll er auch bleiben."
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